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Eine Bitte an alle SchmarotzerBesucher meines Blogs: Bitte bitte bitte schaltet eure Adblocker aus! Wie soll ich mir denn sonst meine erste Million verdienen, wenn ihr euch die supertolle Werbung gar nicht anschaut? Ich kann mir doch sonst die Serverkosten in Höhe von 10000 Euro im Jahr gar nicht leisten. Ihr seid daran schuld, wenn ich meine Webseite bald dichtmachen und unter der Brücke schlafen muss. Könnt ihr mit diesem schlechten Gewissen leben? Könnt ihr das?

Kleiner Scherz. Ich habe auf meinem Blog gar keine Werbung. Aus gutem Grund. Warum sollte ich Ansprüche an meine Besucher stellen, die meine Seite völlig freiwillig besuchen und für die ich – völlig freiwillig – eine Show liefere? Warum sollte ich davon ausgehen, dass meine Besucher mir irgendetwas schulden? Warum sollte ich für mich das Recht beanspruchen, für mein Hobby (Bloggen) Geld von jemandem einfordern zu können? Keine Ahnung, warum ich das glauben sollte, aber offenbar tun das so einige Blogger, die nun einfach auf diesen „Adblocker ausschalten“-Kampagnenzug aufgesprungen sind. Ich werde keine Namen nennen, aber in den entsprechenden Kommentarspalten haben diese Personen schon ihre Quittung dafür erhalten. Offenbar sehen das sehr viele Leute einfach anders und sind von der Aktion nur wenig begeistert.

Wer nicht weiß worum es geht: Dieser Tage haben sich einige Print- und Onlinemagazine (darunter Zeit, Spiegel und Golem) zusammengetan, um gemeinsam in einer konzertierten Aktion (ein lästiges JavaScript, das die Anwesenheit eines Adblockers im Browser erkennt) auf die finanziellen Probleme aufmerksam zu machen, die das Blockieren der Onlinewerbung für die betreffenden Seiten nach sich ziehen kann. Um die entsprechenden Besucher direkt auf den „Schaden“ hinzuweisen, den sie so verursachen, bekamen ebendiese eine große hässliche Meldung auf der Hauptseite eingeblendet, mit der Bitte, den Adblocker doch für die Seiten zu deaktivieren, die man finanziell unterstützen wollte. Es folgte der Hinweis, dass sich die Onlineausgaben nur durch Werbung finanzieren könnten, und dass Werbung doch gar nicht so schlimm sei. Offenbar auch nicht die grässlichen Layer-Ads oder Flash-Werbefilmchen mit Ton, oder hektisch animierte Werbung in grellen Signalfarben, die man auf sämtlichen dieser Seiten ohne Adblocker zu sehen bekommt. Ein einziger Klick, um den Adblocker abzuschalten, könne doch wohl nicht zuviel verlangt sein, hieß es.

Nun, die Sachlage mag für Onlinemagazine anders aussehen als für Hobbyblogger, das gebe ich zu. Allerdings halte ich sowieso nichts von durch Werbung finanzierten Content. Stattdessen gäbe es schließlich die Möglichkeit, Abonnements zu verkaufen. Und wenn dieses Finanzierungsmodell ebenfalls nicht funktioniert, dann ist das Angebot wohl doch nicht so toll, wie man sich selbst zuschreiben wollte. Das interessante daran ist nämlich, dass sich beispielsweise Golem sowie der Onlineauftritt des Spiegel seit weit über einem Jahrzehnt problemlos finanzieren können, auch und gerade als Werbung noch wesentlich unaufdringlicher war. Jetzt sind plötzlich die Adblocker-Nutzer schuld am (recht unwahrscheinlichen) baldigen Untergang? Aber in erster Linie fasziniert mich, dass es Blogger gibt, die sich für eine Art wichtige journalistische Instanz halten und ebenfalls einen Teil des Werbekuchens für sich beanspruchen wollen.

Ich kann die Kosten für mein Hobby nicht auf meine Blogbesucher abwälzen und mich dann beklagen, wenn die keine Lust darauf haben. Wer glaubt, dass das richtig wäre, hat wohl reichlich verdrehte Vorstellungen. Wer sich Kosten aufbürdet, die er nicht selbst tragen kann, sollte sich fragen, ob er es nicht doch übertrieben hat. Üblicherweise regelt sich so etwas nämlich ganz von alleine. Aber scheinbar ist es einfacher, den Besuchern ein schlechtes Gewissen einzureden, da sie ja dreist Gratisinhalte konsumieren, wofür sie aber nichts leisten wollen. Von Raubsurfern bzw. Schwarzsurfern ist da satirisch die Rede, schon weil die Idee an sich so lächerlich ist. Es ist ja nun nicht so, als würde der Blogger sich den Arsch aufreißen, weil seine Besucher etwas von ihm verlangen, sondern eigentlich hat der Blogger in erster Instanz ein starkes Bedürfnis nach Selbstdarstellung, und findet es toll, wenn andere seine Beiträge lesen. Die Anzahl der Blogbesucher entscheidet aber nicht, ob ich anfangen darf, die Hand dafür aufzuhalten.

Wer von den Damen und Herren, die auf ihrer Webseite Werbung schalten, bleibt in der Werbepause im Fernsehen auf der Couch sitzen und konsumiert brav die Werbung? Wer von denen liest jede doppelseitige Mediamarkt-Anzeige in der Zeitung? Niemand konsumiert Werbung freiwillig, auch selbst Werbetreibende nicht. Wer Werbung über sich ergehen lässt, tut das nur, weil er 1. nichts dagegen tun kann, und 2. weil er dafür eine Gegenleistung bekommt. Sobald er Alternativen hat (in der Werbepause aufs Klo gehen, Adblocker einschalten) wird er diese Möglichkeit wahrnehmen. Sobald man anfangen muss, seinen Besuchern deswegen ins Gewissen zu reden, funktioniert das System schon nicht mehr. Man kann als Betreiber sicher vieles, aber man kann den Nutzern eben kein Nutzerverhalten aufzwingen. Es wird dann nämlich Zeit, sich etwas anderes zu überlegen.

Meiner Ansicht nach geht diese Aktion für alle nach hinten los. Von den betroffenen Personen werden sicher ein paar aus Rücksicht ihre Adblocker ausschalten. Einige werden ihre Adblocker ausschalten, dann feststellen, dass die Werbung völlig unzumutbar ist, und wieder auf die „werbefreie Version“ umschalten. Und – am allerwichtigsten – viele, die bisher ohne Adblocker unterwegs waren, werden erstaunt feststellen, dass Adblocker sehr nützlich sind, und fortan einen benutzen. Das wird sicher witzig.

Im nun beginnenden Zeitalter gedrosselter DSL-Anschlüsse zählt irgendwann sowieso jedes bisschen Traffic. Ob eine Webseite also schlappe 200 Kbyte Text ohne Werbung, oder 20 MByte mit Flash-Filmchen auf die Waage legt, das ist mir dann eben nicht mehr egal, und dafür ist mir mein Geld auch zu schade. Es macht dann einen Unterschied, wenn man diese und ähnliche Webseiten täglich mehrmals besucht. Irgendwie gefällt es mir nicht, dass im Moment alle in ihren Interessen in unterschiedliche Richtungen ziehen wollen.

(Dies ist ein Followup-Artikel von „Mehr Layer-Ads, weniger Adblock“, weil es gerade wieder so herrlich aktuell ist.)

Ich bin zwar kein Saarländer, aber ich habe mal wieder die Probe aufs Exempel gemacht und mich spaßeshalber durch die Thesen im Wahl-O-Mat zur Landtagswahl im Saarland 2012 geklickt. Bei vielen kommunalen Themen musste ich mich enthalten, da mir für eine Einschätzung das Hintergrundwissen fehlt, aber ich habe mich bemüht, mich meistens für eine Seite zu entscheiden.

Oh, welche Überraschung, die Piratenpartei mit deutlichem Abstand auf Platz 1. Auf dem hinterletzten Platz, da wo sie eigentlich hingehört, ganz knapp nach der FDP: die ach so wunderbare CDU, die – warum auch immer (rhetorische Frage) – die Geschicke unseres Landes lenken darf.

Doch überraschend allerdings ist für mich, dass Martin Sonneborns Die PARTEI bei mir sogar auf Platz 2 landet. Auf Platz 3 dann aus einem mir unverständlichen Grund leider die NPD, was mir ein klein wenig zu denken geben sollte. Da hätte ich eigentlich lieber die Grünen gesehen. Vielleicht habe ich bei der einen oder anderen Frage etwas zu hoch gegriffen, und dabei hatten meine Antworten so gar nichts nationalistisches.

Aber ich stehe zu dem Ergebnis, denn ich wollte ja ganz bewusst die Fragen nicht so beantworten, damit mir das Ergebnis passt, sondern so wie ich es für richtig halte. Die wichtigsten Parteien sind nämlich genau da wo ich sie haben will. Die schwarzgelbe Fortschrittsbremse am unteren Ende und die progressiven Piraten ganz oben.

Update vom 19.03.: Danke an Gordon für die ausführliche Recherche und den Hinweis. Dass bei Piratenwählern die NPD so weit oben in der Liste auftaucht, ist kein Weltuntergang und liegt einfach daran, dass bei den gegebenen Thesen die NPD und die Piraten zufällig oft derselben Meinung sind. Das sagt eben nichts darüber aus, wie oft Piraten und NPD völlig gegensätzlicher Meinung sind. Die Auswahl der Thesen hat eben nicht besonders viel Piraten- oder NPD-spezifisches und so ist die Übereinstimmung durchaus nicht so unwahrscheinlich.

Niemand muss Angst haben, dass ihm plötzlich die Haare ausfallen, dass ihm Springerstiefel an den Füßen und Schlagringe an den Händen wachsen und dass ihn seine Beine eigenmächtig zu Naziaufmärschen tragen.

Ich lese die Artikel von Spiegel Online eigentlich immer ganz gerne mal, aber nach einem Artikel dort letzte Woche zum überraschenden Ergebnis der Piratenpartei bei den Landtagswahlen in Berlin, zweifle ich an der journalistischen Kompetenz der Online-Redakteure. Ich war mir jedenfalls dabei etwas unsicher ob ich lachen oder weinen sollte. Ich spreche von dem Artikel „Berliner Piratenpartei – Jung, dynamisch – frauenfeindlich?“ von Florian Gathmann und Annelie Naumann – jung, dynamisch – piratenfeindlich?

Man muss kein Piratenwähler sein, um zu merken, dass das nichts weiter als ein erbärmlicher und verzweifelter Versuch ist, den Piraten nur irgendwie ans Bein zu pinkeln. Der Artikel ist so schlecht und hetzerisch, dass es schon peinlich ist. Herr Gathmann und Frau Naumann bezeichnen die Piraten darin als „Machoverein“ und als frauenfeindlich – und zwar weil bei den Piraten zuwenig Frauen sind. Zum schmunzeln bringt mich die Tatsache, dass ein Artikel über die angebliche Frauenfeindlichkeit der Piraten von zwei Personen verfasst wird, deren Nachnamen auf „-mann“ enden. Wer einen solch frauenfeindlichen Nachnamen hat, muss ein Frauenfeind sein.

Dabei würden die Piraten sofort den roten Teppich ausrollen, wenn dadurch die Aussicht auf mehr weibliche Mitglieder bestünde. Die Piratenpartei setzt sich eben noch zu einem großen Teil aus IT-Leuten und Naturwissenschaftlern zusammen und dort ist der Anteil Frauen bekanntlich auch nicht gerade überragend. Das liegt höchstwahrscheinlich an der Frauenfeindlichkeit der Informatiker. Kaum sind die Piraten mit gerade mal 15 Leuten ins Landesparlament eingezogen, wird eine Frauenquote gefordert. Wie wärs wenn ihr den Jungs erstmal Zeit gebt, sich selbst mit dieser Wahlüberraschung auseinanderzusetzen?

Lächerlich ist auch, dass die Autoren den Eindruck erwecken möchten, als würde es Frauen zusätzlich schwerer gemacht, sich bei den Piraten zu engagieren. Selbstverständlich sind die Männer schuld, wenn die Frauen sich nicht aktiv beteiligen. Die Piraten halten eine Unterteilung in Männer und Frauen für überholt. Der Kommentar der Autoren hierzu: „Das klingt modern – ist es aber nicht.„. Und wer hat die eigentlich zum Richter darüber ernannt, was modern ist und was nicht? Ich finde das durchaus modern. Überhaupt, wieso müssen da jetzt wieder die Feministen und Feministinnen aus ihren Löchern kriechen? Die Piraten sind noch nicht mal etabliert und Frauen sind herzlich eingeladen Mitglied zu werden und sich aktiv für Themen einzusetzen, die ihnen wichtig sind. Eine Frauenquote zu fordern, kaum da die Piraten die ersten Früchte ihrer Arbeit ernten, ist jedenfalls alles andere als modern. Das kann ich doch wohl mindestens ebensogut beurteilen wie die beiden Spiegel-Redakteure.

Ich meine, es ist eine Sache die Piraten für ihr Parteiprogramm zu kritisieren. Damit habe ich gar kein Problem, wenn die Kritik berechtigt und konstruktiv ist. Aber es ist eine andere Sache sie aus völlig hanebüchenen Gründen zu verteufeln: „Bei den Piraten gibt es zuwenig Frauen, also muss die Partei frauenfeindlich sein“. Muss das sein? Nice try, idiots.

Jeder der jetzt mit dummen Sprüchen à la „Welches Parteiprogramm?“ anfangen wollte, darf meinetwegen zur Hölle fahren. Informiert euch, es schadet nicht. Für eine so junge Partei ist das Programm schon recht umfangreich. Wer Piratenwähler flamen möchte, braucht diesen Artikel weder zu lesen noch zu kommentieren.