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captainfuture1Erneut geht ein kleines Fernsehserienerlebnis in meinem Leben zuende, das mir einen kurzen abschließenden Kommentar wert ist. Dieses Mal wollte ich eine Serie aus meiner Kindheit wiederaufleben lassen. Von der japanischen Anime-Serie Captain Future sah ich als Kind nur vereinzelt ein paar Episoden, so dass mir nur sehr blasse Erinnerungen verblieben waren. Wieso also nicht einmal einen detaillierten Blick auf das Gesamtwerk werfen? Nunja, jetzt weiß ich warum. Manche Kindheitsgeschichten sollte man besser dort lassen wo sie hergekommen sind.

Die Zeichentrickserie entstand im Jahr 1978, und fällt damit in eine prominente Kinoära in Sachen Science-Fiction: Star Wars war gerade in den Kinos, an Star Trek: The Motion Picture wurde noch gearbeitet. Nicht mehr ganz aktuell war John Carpenters Dark Star, dafür folgten außerdem der Weltraumschocker Alien und Disneys Das Schwarze Loch. Kurzum, Sci-Fi war bei uns ziemlich angesagt. Vielleicht war das der Auslöser, wieso diese Serie entstand, und wieso das ZDF Captain Future nach Deutschland holen wollte. Einerseits könnte man dem öffentlich-rechtlichen Sender ausnahmsweise mal dankbar sein, andererseits müsste man das ZDF und das Synchronstudio verurteilen, dafür dass es wieder nur für die grotesk falsche Gleichung Zeichentrick = Kinderserie gereicht hat. So wurde aus dem japanischen Original alles herausgeschnitten, was für Kinder irgendwie ungeeignet erscheinen mochte. Die Serie wurde damit ziemlich entwertet.

Als Kind hatte ich wesentlich mehr Freude an der Serie, das muss ich zugeben. Heute fallen mir die vielen Schwächen, die sinnlosen Albernheiten und unlogischen Stellen zu deutlich auf. Schon bei H. G. Wells Time Machine fragte ich mich, wie wahrscheinlich es sein mochte, dass man in 700.000 Jahren in der Zukunft noch Menschen findet, geschweige denn welche, die noch irgendeine unserer Sprachen sprechen. Captain Future treibt diese Idee völlig auf die Spitze: Er reist mal eben 5 Milliarden Jahre in die Vergangenheit, oder 2 Milliarden Jahre in die Zukunft. Und dort hält er ein Schwätzchen mit den menschlichen Einwohnern irgendwelcher Planeten. Ja sicher. Ganz absurd wird es, wenn Captain Future mit Wissenschaftlern darüber diskutiert, ob ein bestimmtes Vorhaben in angemessener Zeit machbar sein wird: „Das dauert doch bestimmt 120.000 Lichtjahre!“ – „Nein, das dauert sicher keine 120.000 Lichtjahre!“ (sinngemäß). Das Synchronstudio scheint sehr viele Lichtjahre gebraucht zu haben, um einen Astronomie-Grundkurs zu besuchen.

captainfuture2Tatsächlich um Lichtjahre voraus war der tolle Synthi-Soundtrack von Schlagermusiker und ehemaligem GEMA-Jemanden-Abzocken-Aufsichtsrat Christian Bruhn. Wir hatten wirklich großes Glück, dass wir nicht das japanische Original-Intro aufgedrückt bekamen, denn dessen generischer schwermütiger Singsang passte überhaupt nicht zum Thema. Im Gegensatz zur etwas altbackenen Serie ist der deutsche Soundtrack absolut zeitlos. Phil Fuldner erkannte das Potenzial 1998, als er das fetzige Kampfthema der Serie zu dem Elektrohit „The Final“ verarbeitete.

Kampf ist übrigens das richtige Stichwort: Häufig kam es in der Serie vor, dass die Future-Mannschaft in einen Kampf verwickelt wird, und als die Kampfmusik gerade einsetzt, liegt der Feind plötzlich tot am Boden. Otto (der Gummi-Androide) kommentiert das Geschehene schließlich so, als habe soeben ein epischer Kampf um Leben und Tod stattgefunden. Bravo! Zugabe! Und wenn es das nicht ist, dann landet Captain Future zum Ende einer Episode auf einem fremden Planeten. Abspann. Die nächste Episode beginnt zu meiner Überraschung damit, dass der Erzähler rückblickend berichtet, wie die Future-Mannschaft von Eingeborenen gefangen wurde, und sie mit dem Häuptling über ihre Freiheit verhandeln mussten etc. Nichts von dem hatte man gesehen. Der Verantwortliche für den Schnitt war hoffentlich stolz auf den Murks, den er da verbrochen hat.

Nein, es ist nicht, dass die Serie schlecht wäre. Ich habe nur festgestellt, dass ich meine Kindheitserinnerungen besser nicht nochmal hätte auffrischen sollen. Zu groß ist die Verärgerung über die vielen Fehler und den miesen Schnitt. Captain Future hat wirklich seine netten Momente, auch wenn der Zeichenstil hin und wieder spürbar schwächelt. Tatsächlich bin ich nur froh, dass ich Captain Future endlich zu den Akten legen, und mich um eine bessere Serie kümmern kann. Ich dachte wirklich, dass mir heute noch alles gefällt, was mir bereits in meiner Kindheit oder Jugend gefiel. Aber dieses Beispiel hat mich davon überzeugt, dass es Ausnahmen gibt. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass mich schon damals andere TV-Serien mehr interessiert haben.

firefly1Der Nachteil, wenn man sich eine Serie mit nur wenigen Staffeln vornimmt: Man ist unverschämt schnell durch. Firefly ist da ein besonders schwerer Fall mit seinen 14 Episoden, die zwischen 2002 und 2003 gedreht wurden. Ich habe mir diese eine kümmerliche halbe Staffel wirklich streng rationiert, aber länger als vier Wochen haben die Vorräte leider nicht gehalten. Nun muss ich mir wieder eine neue Serie suchen, am besten eine mit zehn Staffeln, besser 20. Achtung, Spoiler voraus!

Nachdem ich Joss Whedons Buffy bis zum Ende mitverfolgt habe, hatte ich keine Zweifel daran, dass mir Firefly (deutscher Untertitel: „Der Aufbruch der Serenity“) gefallen würde. Der Kult, der im Internet um die frühzeitig abgesetzte Serie nachträglich entstand, ist ein Paradebeispiel dafür, dass Qualität ungleich Einschaltquote ist, und dass die zentralen Senderinteressen nicht etwa hochwertige Fernsehproduktionen sind, sondern allein Maximierung des Gewinns, egal womit oder wodurch. Ein Prinzip, das bei uns in Deutschland preisverdächtige TV-Perlen wie „Bauer sucht Frau“, „Die Supernanny“ und „Deutschland sucht den Superstar“ hervorgebracht hat. Millionen Fliegen können sich nicht irren.

Aber zurück zum Thema. Kern der Geschichte ist ein – in einer weit entfernten Zukunft – völlig veraltetes Raumschiff der sogenannten Firefly-Klasse (die Serenity) mit einer Schmugglerbande als Besatzung, die gemeinsam versucht mit riskanten und nicht ganz legalen Jobs über die Runden zu kommen. Die eigentliche Crew, angeführt von dem Kriegsveteranen Malcolm „Mal“ Reynolds, der taffen Soldatin Zoë, dem Piloten Wash, dem skrupellosen Söldner Jayne, und der knuffigen Schiffsmechanikerin Kaylee, wird ergänzt durch einige Dauergäste auf dem Schiff: der schüchterne Arzt Simon, seine durchgeknallte Schwester River, der geheimnisvolle Geistliche Shepherd, sowie die angesehene Companion Inara. Für eine so kurze Serie sind das tatsächlich nicht wenige Charaktere.

Dass Joss Whedon mit den einzelnen Figuren ursprünglich Großes vorhatte, lässt sich schnell erahnen. Bei der Romanze zwischen Kaylee und dem Doktor findet keiner von beiden das Gaspedal, bei der Romanze zwischen Mal und Inara bekommen sie noch nicht einmal den Zündschlüssel gedreht. Dass Shepherd vielleicht weit mehr als nur ein Shepherd ist, wird ständig angedeutet. Und dann ist da noch das entflohene Versuchskaninchen River, das von den Drehbuchautoren absichtlich als hilfloses verwirrtes Küken dargestellt wird, damit die Zuschauer im Laufe der kommenden Staffeln dann umso überraschter sind, wenn sie plötzlich zur unbesiegbaren Kampfmaschine wird. Doch es kam leider alles anders, und die Fans bekamen noch nicht einmal ein Staffelfinale. Als kleinen Trost gab es zwei Jahre später, im Jahr 2005, den Kinofilm „Serenity – Flucht in neue Welten“, der die Serie ein bisschen abschließen sollte. Neben den angesprochenen Themen klärt der Film außerdem auf, wer die blutrünstigen Reaver sind und warum sie sind wie sie sind.

firefly2Angesichts der vor allem heutzutage exotischen Genrekombination Sci-Fi mit Western ist das sehr hohe IMDb-Rating von derzeit 9,1 umso verwunderlicher, aber absolut gerechtfertigt. Firefly hatte ein solches Potenzial, und es ist wirklich schade, dass man dieses erst nach seiner Absetzung entdeckt hat. Vor allem von dem ausdrucksstarken Serienstar Nathan Fillion, den ich bereits als Bösewicht aus Buffy und aus „Two Guys and a Girl“ kenne, würde ich gerne mehr Hauptrollen sehen. Manches Mal stelle ich ihn mir fast als eine Art Captain(!) Jack Sparrow auf der Serenity vor, nur nicht ganz so exzentrisch. Könnte natürlich auch an der Synchronstimme von Johnny Depp liegen.

Da ich der Serie mit einer oberflächlichen Analyse der Handlung und seiner Symboliken ohnehin nicht gerecht werden könnte, spare ich mir an dieser Stelle den Schmerz und spreche stattdessen eine uneingeschränkte Empfehlung aus. Firefly ist kurz, verdammt kurz, aber wirklich gut. Offenbar ist Joss Whedon sogar daran interessiert, sich die Rechte an Firefly irgendwie zurückzukaufen und (möglicherweise mit Hilfe von Crowdfunding) eine Fortsetzung der Serie zu produzieren. Darauf kann ich eigentlich nur hoffen, ähnlich wie beim geplanten Spielfilm zu Veronica Mars. Und überhaupt, wenn Chris Roberts für ein vages Weltraumspiel bei Kickstarter über 34 Millionen Dollar zusammenbekommt (und daher schon gar nicht mehr weiß, was er sonst noch alles an Erweiterungen ankündigen soll) dann wird Whedon wohl eine Kultserie wie Firefly wiederauferstehen lassen können – und das wahrscheinlich noch für einen Bruchteil des Star Citizen Budgets.