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Man sagt, dass jemand, der ein unrechtmäßig kopiertes Spiel nutzt, sich das Spiel ohnehin nicht gekauft hätte, es also gar kein reeller Verlust sei. Wenn jemand ein Spiel wirklich toll findet, und sich den Karton zuhause ins Regal stellen will, dann wird er das Spiel kaufen. Das wird für Publisher und Entwickler dieser Spiele aber kaum besonders tröstlich sein. Die moderne Technik, sowie die Tatsachen, dass ein geklaukopiertes digitales Produkt den ursprünglichen Besitzer nicht um sein Original erleichtert, und die Kopie auch exakt dieselbe Qualität wie das Original hat, machen es sehr leicht, dadurch etwas zu konsumieren, das man sonst nicht interessant genug findet, um es zu entgelten. Illegal kopierte Spiele gibt es schon so lange wie es Spiele gibt, und schon immer sahen die Hersteller darin einen Anlass, Untergangsstimmung zu verbreiten und das Ende der gesamten Spielebranche zu prophezeien, würde man die Probleme mit den Raubkopierern nicht schnellstens in den Griff bekommen. Aber lasst mich zur Sicherheit nochmal kurz nachschauen ob die Computerspieleindustrie tatsächlich in der Versenkung verschwunden ist. Nein, sie ist immer noch da.

Das Argument, dass ein kopiertes Spiel sowieso kein gekauftes Spiel gewesen wäre, ist für mich absolut nachvollziehbar. Aber es gibt da einen Faktor, den es vor Mitte des letzten Jahrzehnts nicht gegeben hat. Sehr oft lese ich in den letzten Monaten Kommentare wütender Spielefans, die sich zwar prinzipiell das eine oder andere Spiel gerne gekauft hätten, die sich aber bewusst dagegen entscheiden mussten, weil sie mit den aufwändigen und in höchstem Maße restriktiven Kopierschutzmaßnahmen nicht einverstanden sind. In den millionenschweren Triple-A-Titeln scheint DRM eine Selbstverständlichkeit geworden zu sein. Wo man sich früher ein Spiel gekauft und im schlimmsten Fall einen simplen CD-Schlüssel eingegeben hat, da muss man sich heute eine ganze Stange von Einschränkungen gefallen lassen. Damals hat es mich noch gestört, dass man immer und zu jeder Zeit die Spiele-CD im Laufwerk behalten musste, damit das Spiel läuft. Wenn ich da schon gewusst hätte, auf welche furchtbaren DRM-Auswüchse wir 15 Jahre später hinsteuern würden, mit Freuden hätte ich brav immer jede CD ins Laufwerk eingelegt und mich sogar dafür bedankt, dass es sonst nichts ist.

Wenn mich heutzutage ein Spiel interessiert, dann läuft das üblicherweise so ab, dass ich mich erst fragen muss, welchen Pferdefuß ich beim Kauf des Produktes erwarten, welchen Tretminen ich ausweichen sollte. Und dann entscheide ich mich gegen einen Kauf. Das Spiel gibt’s nur bei Steam? Oh Mann. Das Spiel braucht Origin? Niemals. DRM-Server zum Einloggen und dauerhafte Internetverbindung nötig? Danke, aber nein danke. Die Liste der Spiele, die ich mir ohne Kopierschutz gerne gekauft hätte, wird immer länger. Zugegeben, meine Hemmschwelle ist inzwischen schon gesunken, so dass ich mir Diablo 3 als treuer Fan der Serie entgegen aller meiner Prinzipien kaufen musste. Aber umgehauen hat mich das Ergebnis eigentlich nicht, so dass ich bei einem etwaigen Diablo 4 vermutlich schon nicht mehr zugreifen würde. Und jetzt wo ich auch noch erfahren habe, dass die Konsoleros tatsächlich eine Offline-Version von Diablo 3 bekommen werden, wonach die PC-Spieler monatelang vergeblich lautstark gerufen hatten, da fühle ich mich glatt doppelt verarscht. Ich fühle mich verraten und verkauft. ICH wollte eine Offline-Version! ICH wollte den Einspieler-Modus! Es geht also anscheinend doch, sie wollen nur nicht. Und vor allem wollen sie nur bei den PC-Spielern nicht, bei allen anderen schon. So etwas nehme ich persönlich. Mal von diesem Ausrutscher abgesehen, stimme ich mit dem Geldbeutel gegen DRM ab.

Das sind Einnahmen, die dem Hersteller entgehen, auch wenn es nicht viel bewegt. In der Masse der Käufer geht so ein Einzelprotest nämlich unter. Selbstverständlich machen sie alle miteinander nach wie vor den großen Reibach, das ist mir klar. Mensch, was hatten wir früher Freiheiten ohne diese DRM-Grütze, die uns heute mit jedem Spiel aufgezwungen wird. Keine Registrierungspflicht, keine Installationslimits, keine Accountbindung, kein Wiederverkaufsverbot, keine Kopierschutz-Rootkits, kein Onlinezwang, keine Cloud-Only-Savegames. Es gab keine Distributionsplatformen, die mir mal eben von jetzt auf nachher die Nutzung aller meiner Spiele verweigern. Meine Nutzerdaten der Pflichtaccounts wurden nicht an Drittverwerter verkauft. Es gab keine DRM-Server, die zum Release völlig überlastet waren und das Spielen verhinderten, und die auch nicht nach 2-5 Jahren aus wirtschaftlichen Gründen abgeschaltet werden, und das Produkt somit wertlos machen. Überhaupt waren die PC-Spiele günstiger: Damals im Schnitt etwa 50-80 DM für ein Vollpreisspiel, heute sind es 50-80 Euro, je nachdem ob man die Standardversion oder die supertolle limitierte Collectors-Edition will.

Ja, ich weiß, der Kunde zahlt, der Kunde will es so. Dann soll er es auch bekommen. Das Prinzip dahinter ist mir auch Recht. Ich für meinen Teil bin dennoch froh, dass ich zu meiner Zeit der intensiven Computerspielenutzung von so einem Schund verschont geblieben bin. Meine Code-Bücher, -Schablonen, -Drehscheiben und CD-Keys waren im Vergleich dazu völlig harmlos. Man könnte den Gegnern des Onlinezwang-Kopierschutzes leicht entgegnen, dass heute doch wirklich jeder einen Breitbandinternetanschluss haben sollte. Aber inwiefern rechtfertigt das denn die zwingende Notwendigkeit eines solchen? Für mich ergibt sich daraus kein Mehrwert – nur mehr Einschränkungen mit denen ich als Konsument leben muss.

fehler37_3Ein Spiel, das es im Moment voll erwischt hat, ist das neue Sim City 5 von EA. Dieses Beispiel ist besonders frustrierend, weil zum einen, Sim City ein typisches Casual-Game ist, für kurze und für lange Runden, für jung und für alt, das man problemlos mal eben auf dem Notebook auf Reisen spielen könnte. Problemlos KÖNNTE, wäre da nicht unser lieber Freund, der Onlinezwang, der eben genau das verhindert. Und zum anderen, weil Entwickler EA die Käufer kackdreist mit einer hundsdämlichen Lügengeschichte für dumm verkaufen wollte. Es hieß nämlich, Sim City 5 könne man unmöglich als Offline-Spiel umsetzen, weil die Berechnungen der simulierten Stadt viel zu komplex für die heute üblichen Quadcore-Desktop-PCs seien. Soso! Alles nur Show, wie ein Modder inzwischen enthüllt hat. Das ganze Server- und Multiplayer-Gedöns wurde ganz billig um das fertige Spiel herumgestrickt. EA wollte seine Kopierschutz-Schikane als großes Feature verkaufen und ist damit, nicht zuletzt wegen der total überlasteten Server, brutal auf die Schnauze gefallen. Wie selbstverständlich konnte sich zum Release niemand einloggen und spielen. Unnötigerweise, wie wir jetzt wissen. Nun gab EA sich öffentlich fast schon beleidigt: Sim City war ja NIE als Einspieler-Spiel konzipiert, weil … äh … ja weil wegen Multiplayer und Server halt. Basta, ihr Würmer! In den Staub! Meine Herren, was für eine peinlich schlechte Ausrede, nur um nicht zugeben zu müssen, dass es ein verdammter Kopierschutz ist. Sim City ist eigentlich ein so typisches Solo-Spiel, soliger geht’s kaum. Keine Sau interessiert sich für den Multiplayer-Rotz, das zeigen schon die diversen Testberichte. Ich habe beinahe jedes Sim City gespielt, und nie hatte ich mir ernsthaft gedacht: „Mann, wie cool wäre jetzt ein bisschen Multiplayer! Ich würde ja so gerne eine Straße zu meinem Nachbarn bauen!“.