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Die britischen Entwickler von Stainless Games haben dieser Tage ihr neuestes Brutalo-Crash-Derby-Spiel Carmageddon Reincarnation offiziell veröffentlicht, nachdem es lange Zeit nur ein Early-Access-Titel war. Als langjähriger Fan der Carmageddon-Spielereihe wollte ich mir die Gelegenheit, ein aufpoliertes Remake heute noch einmal spielen zu können, nicht entgehen lassen. Als die erste Demoversion des Ur-Carmageddon 1997 auf einer Beilage-CD der Spielezeitschrift „PC Action“ enthalten war, wusste ich zuerst noch gar nicht, was ich da eigentlich vor mir hatte – bis mich der Reiz der Spielidee endgültig packte. Mit Destruction Derby oder Twisted Metal gab es bisweilen vereinzelte Konkurrenz, aber an Carmageddon kam für mich kein anderes Spiel heran.

Eine meiner ersten Missionen seinerzeit auf meinem brandneuen PC war es, das eklige Demo-Zeitlimit aus der Demoversion mit einem Hexeditor und der grenzenlosen Geduld eines spielesüchtigen Teenagers herauszupatchen, damit ich die stark eingeschränkte Version halbwegs ungestört spielen konnte. Dies gelang mir leider nur teilweise. Witziger war es, die dutzenden Konfigurationsdateien des Spiels zu manipulieren, und so manche Fahrzeuge entweder federleicht oder schwer wie ein Flugzeugträger zu machen. Die Spielphysik honorierte solche Versuche mit teils aberwitzigen Schadensmodellen bei den Karambolagen. Und schließlich schrieb ich sogar einen kleinen Patch, der die blöden Roboter aus der deutschen Zensurversion durch die menschlichen Fußgänger aus dem Original austauschen konnte. Der Patch fand im Freundeskreis relativ großen Anklang, und ich konnte ihn auch noch gebrauchen, nachdem ich mir endlich die Vollversion des Spiels bestellen konnte.

Nachdem das kleine Kickstarter-Projekt Carmageddon Reincarnation jetzt offiziell fertig ist, versuchen sich manche Online-Spielemedienportale irgendwie an einer Bewertung des Spiels, und es scheint als wollten sie sich alle gegenseitig in Schmäh-Superlativen überbieten. In einem Testvideo der PC Games ist gar von „der Grafik von 1928“ die Rede. Andernorts wird ernsthaft erklärt, dass die Grafik sich ja kaum weiterentwickelt habe. Ich bin sicher, diese Leute haben das Original nie gespielt, oder haben wenigstens völlig verdrängt, wie dieses eigentlich aussah: Dank dichtem Nebeleffekt war die Sichtweite auf vielleicht zehn Meter beschränkt, die Fahrzeuge teilweise kaum texturiert, die Levelarchitektur grobschlächtig und schmucklos, die hohe Auflösung auf 640×480 Pixel beschränkt, die selbst auf einem Pentium 200 damals nicht flüssig spielbar war.

Dass sich die Grafik seither nicht weiterentwickelt hat, ist dummes Zeug bzw. eine dreiste und billige Lüge, und das lässt mich doch sehr am Urteilsvermögen und an der Objektivität der Redakteure zweifeln. Ich darf wohl eher davon ausgehen, dass diese Personen ihre generelle Ablehnung des gewaltbetonten Spiels unbedingt auf sämtliche Aspekte der Wertung projizieren wollten. Daher wird in einer Tour auch über die schlechte KI, das schlechte Gameplay, die schlechte Musik, die schlechten Gewaltdarstellungen und die schlechten Spielmodi hergezogen, damit am Ende nicht etwa doch noch der Verdacht aufkommt, das Spiel sei wenigstens noch etwas für Fans.

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Keinen dieser extremen Kritikpunkte kann ich so nachvollziehen. Carmageddon Reincarnation macht trotz seiner Fehler irre viel Spaß. Inzwischen habe ich so einige wirklich witzige und auch einige teils frustrierende Spielstunden mit dem Remake verbracht. Die KI ist manchmal etwas dusselig, aber dafür bin ich eigentlich sogar dankbar, denn niemand mag perfekte Computergegner. Meistens ist die KI knallhart. Carmageddon Reincarnation war ein vergleichsweise kleines Kickstarter-Projekt mit kleinen, aber realistischen Zielen, um Fans der Spielereihe das Spielerlebnis des Original-Carmageddon auf moderner Hardware nach all den Jahren nochmals zu ermöglichen – große Veränderungen am Gameplay waren weder erwünscht noch geplant, und das erkennt man mitunter daran, dass sie viele Fahrzeuge und Strecken des Originals in aufwändig überarbeiteter Form übernommen haben.

Das Entwicklerteam war relativ überschaubar und das Ergebnis meines Erachtens dafür umso beeindruckender. Wenn man die Vorlage zum Vergleich heranzieht, so wie das eigentlich gedacht ist, erkennt man, dass das Remake in jeder Hinsicht gelungen ist, sogar und vor allem aus grafischer Sicht. Wenn die Grafik in Carmageddon Reincarnation also von 1928 ist, ist die in Minecraft dann vielleicht von 1528? Und selbst wenn, wieso muss man heute überhaupt noch Spiele für „schlechte“ Grafik abwerten?

Vor wenigen Jahren sind Indiespiele zum Massenphänomen geworden, und waren nicht länger eine unsichtbare Randerscheinung, die eines Testberichts nie würdig gewesen wäre. Doch wie bewertet man solche Spiele, die bewusst auf Einfachheit setzen, angesichts einer immer höher gelegenen Messlatte. Wollen wir einem Millionen-Dollar-Grafikblender wie Crysis 3 grundsätzlich Höchstwertungen geben, allein weil die CryEngine drinsteckt, um dann in Konsequenz jedes 1-Mann-Indie-Spiel mit Retropixel-Optik abzustrafen, weil es technisch einfach in keiner Weise mithalten kann? Wollen wir angesichts Erfolgsgeschichten wie der von Minecraft Spiele weiterhin großteilig anhand ihrer teuren Grafikpracht beurteilen, oder sollte man die optische Präsentation dem eigentlichen Spielspaß nicht vielleicht doch deutlich unterordnen, oder die Spielegrafik nicht wenigstens bezüglich völlig anderer Gesichtspunkte messen? Sollten wir nicht allmählich zu der Einsicht gelangen, Spiele, genau wie Filme, an ihrer jeweiligen Zielgruppe, im Kontext ihrer Zeit und ihrer technischen und personellen Möglichkeiten zu bewerten, da man sonst etwa Kinderfilme grundsätzlich schlecht bewerten müsste, weil ihre Handlung so primitiv und naiv ist, oder Schwarzweißfilme wegen ihrer miesen Bildqualität und ihrer Farbarmut, oder Stummfilme wegen ihrer mangelhaften Dialoge.

Und was ist mit der übertriebenen Gewalt in Carmageddon Reincarnation? Oh bitte. Wer sich im Jahr 2015 noch darüber echauffiert, dass in einem Computerspiel Autos zu Schrott gefahren und Menschen mit Vollgas überfahren werden, der soll sich bitte wieder in seine Höhle verkriechen. Darüber sind wir längst hinaus und das soll bitte auch so bleiben. Noch ist niemand bei virtuellen Verkehrsunfällen oder an Pixelblutverlust gestorben. Wer trotzdem Probleme hat „sein Frühstück unten zu behalten“, wie der werte Herr im PC-Games-Video sagt, der darf gerne weiter seine preisgekrönten und gewaltfreien Spiele wie GTA 5 spielen. Oh wait.

Eigentlich erlaubt meine momentane Situation es mir kaum, öffentlich über meinen streng geheimen und extrem riskanten Auftrag zu sprechen, denn meine Tarnung könnte zu leicht auffliegen. Mein persönlicher Kampf gegen Let’s Plays nimmt nun eine völlig neue Dimension an. Da es mir durch meine feindseligen Trollbeiträge und Hasspredigten bisher noch nicht in nennenswertem Umfang gelungen ist, diesen korrupten Sumpf, der sich Let’s-Play-Szene schimpft, frühzeitig trockenzulegen, so dass diese widerlichen Subjekte, die auf YouTube zu unverdientem und unbegreiflich großem Ruhm gekommen sind, weiterhin ungestraft schlechte Gameplay-Videos mit langweiligem Kommentar posten können.

Meine neue Taktik ist es nun, den Feind von innen heraus zu bekämpfen, die gesamte womöglich gewaltbereite Let’s-Play-Szene heimlich zu infiltrieren und brisante Informationen über etwaige Gruppierungen und geplante Aktionen zu stehlen. „Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher„, so lautet ein eigentlich nur peripher passendes, aber mir im Moment als einziges einfallendes Sprichwort, dessen Sinnhaftigkeit ich nicht zu hinterfragen wage. Meine hochinvestigativen Erfahrungsberichte, die ich unter Einsatz meines eigenen wertvollen Lebens gewinnen muss, werde ich hier mit den Lesern dieses hochwertigen Weltverschwörungs-Blogs teilen.

Mit Hilfe des befreundeten Let’s Players Karurosu Sensei ließ ich mich kürzlich als V-Mann unter dem Pseudonym „Propagandalf“ in das Milieu einschleusen. So sind seit neuestem ein unbekannter Let’s Player und ein unbekannter Blogger gemeinsam mit einigen als „Honeypots“ bezeichneten Let’s-Play-Attrappen auf YouTube zu finden, in deren Verlauf sie möglichst unverdächtig das Gameplay eines beliebigen Zombie-Survival-Shooters für den PC beschreiben. Der bisher nur im Early Access verfügbare Minecraft-/DayZ-Hybrid „7 Days to Die“ erschien uns als geeignete Gelegenheit, uns in der Szene einen Namen zu machen, damit die großen Fische möglichst bald anbeißen. Aber unsere Tarnung galt es zunächst mit äußerst unkonventionellen Methoden zu perfektionieren.

Um nicht bei den falschen Leuten negativ aufzufallen, bauten wir absichtlich einige offensichtliche Fehler in die Videos ein, denn als blutige Let’s-Play-Anfänger, die wir ja vorgeben zu sein, müssen wir unsere Rolle natürlich absolut glaubwürdig spielen. So ist dann z.B. meine Stimme in den Videos vom Lautstärkepegel her etwas übersteuert, außerdem ist der Gamma-Wert falsch eingestellt, so dass man die dunklen Stellen im Video nicht mehr richtig erkennen kann, die unerträglich niedrige Bitrate macht den Rest. Noch dazu übten wir monatelang unseren Text, probten belangloses und scheinbar spontanes Geschwätz, schlechte Wortwitze und peinliches Gelächter in den dümmsten Situationen. Es ist verblüffend, wie realistisch das Ergebnis schließlich geworden ist. Ich erkannte mich selbst nicht mehr.

Exemplarisch hänge ich eines dieser für den Auftrag mühsam produzierten „Let’s Play Together Videos“ an, die alle im Channel des Kollegen gepostet werden. Im Idealfall verbreitet sich dadurch schnell die Nachricht auf den Straßen, dass zwei neue Let’s Player in der Stadt sind, die für Angebote aller Art stets offen sind. Vielleicht schnappt schon bald die Mausefalle zu. Hier auch einen Dank an Karurosu Sensei für die Unterstützung und den Aufwand bei der Produktion der Videos.

[youtube width=“620″ height=“400″]https://www.youtube.com/watch?v=SDbUuc0-_vg[/youtube]

Die bisher veröffentlichten Let’s Plays in dieser Reihe:

7 Days To Die – Erstes Spiel mit der Alpha 7.9 #01 – Let’s play together 7DTD
7 Days To Die – Ab in die Eiswelt…öh? Alpha 7.9 #02 – Let’s play together 7DTD
7 Days To Die – Barren. Eisenbarren! #03 – Let’s play together 7DTD
7 Days To Die – Home. Sweet Home! #04 – Let’s play together 7DTD

javaappletGerade kürzlich dachte ich so bei mir: Warum eigentlich nicht mal wieder einen Java-Artikel schreiben? Die Zeit ist reif dafür. Oracle bringt es mit seiner Intransparenz und seiner faulen Update-Politik offenbar noch fertig, Java komplett in den Ruin zu reiten. In der Öffentlichkeit hatte Java nie einen schlechteren Stand. Dass inzwischen selbst JavaScript ein sehr viel besseres Ansehen als Java genießt, das ist wirklich ein großes Armutszeugnis, das ich Oracle ausstellen muss. Wir erinnern uns an das Jahr 1997: JavaScript war ursprünglich diese nervige Browserspielerei, mit der man den Rechtsklick unterbinden und die Statusleiste im Internet Explorer für blöde Laufschriften missbrauchen konnte.

Java hat bestimmt so einige kleine Problemchen, aber im Moment wird zu Unrecht geschimpft. Das miese Browser-Plugin ist es, das ständig mit neuen Sicherheitslücken negativ in die Schlagzeilen gerät. Dennoch hagelt es jetzt Kommentare in der Art wie: „Java gehört in den Sondermüll und ich kann nur jedem raten, es zu deinstallieren!“. Die Probleme waren kürzlich scheinbar sogar so gravierend, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in diesem Drama unbedingt mitspielen wollte und fortan ebenfalls jedem empfiehlt, bloß schnell Java loszuwerden. In meinen Augen allerdings eine ziemlich peinliche Äußerung, die mir beweist, dass der Laden dort auch nur von den üblichen Internetausdruckern geführt wird, die keine Fachkompetenz besitzen. Das ist wie als würde man ständig empfehlen, Windows zu deinstallieren, wenn im Internet Explorer mal wieder eine Sicherheitslücke offengelegt wurde. Das ist mit Kanonen auf Spatzen schießen.

Natürlich würde dort NIE jemand empfehlen, Windows zu deinstallieren. Warum eigentlich nicht? Und wenn wir schon bei Sicherheitslücken sind, wieso empfiehlt das BSI nicht ausnahmsweise was Sinnvolles, z.B. solchen fahrlässigen Mist wie WhatsApp zu deinstallieren, wegen der ganzen Sicherheitslücken, wegen dem komplett unverschlüsselten Traffic, und wegen dem fragwürdigen Datenschutz beim Versenden des kompletten Adressbuches? Aber das ist wohl eine andere Geschichte.

Nichtsdestotrotz hat Java dadurch wieder einen spürbaren Imageschaden abbekommen. Witzigerweise wird Java immer nur dann verteidigt, wenn jemand Minecraft erwähnt. DAS ist so ziemlich der ultimative Beweis dafür, dass es Java schlecht geht: Wenn ein mäßiges aber weitverbreitetes Indie-Spiel so ziemlich das Einzige ist, womit man noch zeigen kann, dass Java manchmal auch ein bisschen toll sein kann. Mich als Java-Entwickler stört das natürlich schon ein wenig, weil Java eigentlich sehr vielseitig und extrem nützlich ist, wenn man platformunabhängig entwickeln möchte. Programmieren in Java macht einfach Spaß und Probleme habe ich damit auch keine.

Nun wollte ich eigentlich einen Beitrag über einen winzig kleinen Fehler in Java schreiben, der mir kürzlich aufgefallen ist, aber ich glaube wenn Java im Moment etwas am wenigsten gebrauchen kann, dann sind das noch mehr Nörgler. Stattdessen werde ich mich mit diesem Beitrag einfach öffentlich solidarisch zu Java bekennen. Ich bin gerne Java-Programmierer und ich würde es am liebsten noch eine Weile bleiben. Es gibt nichts zu bereuen.