Ich bin ja bekanntlich ein sehr großer Fan typisch deutscher, überkorrekter, unendlich kleinlicher Bürokratie. Nicht. Mein letzter Job war der im zweiten Praxissemester des Studiums, und das liegt schon zweieinhalb Jahre zurück. Von den letzten sieben Lohnsteuerkarten, die mir die Stadt Jahr für Jahr fleißig zugeschickt hat, habe ich zwei oder vielleicht drei gebraucht. Bis heute habe ich keine genaue Vorstellung davon, wofür das Ding überhaupt gut sein soll. Meistens sind die Lohnsteuerkarten einfach in irgendeine Schublade gewandert, weil ich mir sicher war, dass man für die Vorlesungen keine benötigen wird.
Genauso erging es der Lohnsteuerkarte 2010. Die muss wohl irgendwann Ende 2009 in der Post gelegen haben. Nachdem sie monatelang auf meinem Schreibtisch unter einem dicken Stapel Papier ihr trauriges Dasein fristete, habe ich wohl doch irgendwann im Sommer 2010 mal aufgeräumt und alles in große Plastiktüten gestopft – zu wichtig um es wegzuwerfen, aber zu unwichtig um es jemals wieder anzufassen. So dachte ich jedenfalls. Aus den Augen aus dem Sinn.
Viel später. Wir schreiben das Jahr 2011 – im August – also beinahe schon 2012, irgendwie. Der erste Schritt auf die unterste Sprosse der Karriereleiter ist mir endlich geglückt. Dann kam direkt der bürokratische Schlag in die Fresse des Unbedarften: „Bitte senden Sie uns bis Montag Ihre Lohnsteuerkarte 2010 zu.„, hieß es Ende letzter Woche. Wie bitte? Lohnsteuerkarte 2010? Haben wir nicht 2011? Wo ist denn eigentlich meine Lohnsteuerkarte für 2011? Hab ich keine bekommen? Muss … Schreibtisch … durchwühlen. Panik machte sich breit.
In Gedanken malte ich mir aus, wie ich Tage und Nächte die Wohnung nach einem lächerlichen gelben Stück Papier durchforsten durfte, begraben unter Tonnen anderem Papier. Woher zum Teufel soll ich denn wissen wo ich die Lohnsteuerkarte von anno Tobak verloren habe? Es war zum verzweifeln. Nach einer halben Stunde ein Scheinerfolg: ich hatte die Lohnsteuerkarten für 2005 und 2006 in der Hand. Verdammt! Na wenigstens weiß ich jetzt wo die sind, falls mal jemand danach fragt.
Nun, um die Sache abzukürzen: Ich habe die Karte gefunden, aber ich verfluche sie. Es wird sowas von Zeit, dass der Mist abgeschafft wird. Das ist doch wirklich mittelalterlich mit diesen dämlichen Lohnsteuerkarten. Zumindest hätte mal einer draufschreiben können, dass die außerplanmäßig zwei Jahre gilt. Wahrscheinlich hätte ich die Lohnsteuerkarte 2009 vorgelegt, wenn ich die als erstes gefunden hätte. Das angegebene Jahr ist doch bestimmt auch nur das Mindesthaltbarkeitsdatum.