Ein weiterer Eintrag, den ich meiner kurzen, aber jährlich wachsenden Liste abgeschlossener Fernsehserien hinzufügen darf. Nach der Gefängnisausbruchs-Serie Prison Break stand mir diesmal der Sinn nach gelebtem Superheldentum gegen übermenschliche Bösewichte in Form der amerikanisch-kanadischen TV-Serie „Smallville„. Da diese sagenhafte zehn ganzjährige Staffeln mit Episoden in voller Länge umfasst, die zwischen 2001 und 2011 gedreht wurden, hatte ich die vorangegangene Serie bereits auf Grund der inzwischen vergangenen Zeit längst vergessen. Smallville war immer etwas gewesen, das ich in den Augenwinkeln beobachtet, aber doch fast gänzlich ignoriert hatte. Bis heute. Es ergab sich eine Gelegenheit, und ich griff zu. Und damit begann meine lange Reise durch die Welt von Smallville.
Smallville erzählt die Geschichte des jungen Clark Kent, der zu Beginn noch auf der Kent-Farm lebt, zur Highschool geht, mit seiner kleinen Clique abhängt, und heimlich für die Schulschönheit Lana Lang schwärmt. Und dann sind da noch Clarks geheime Kräfte. Es wird für die meisten eine große Überraschung sein, aber Clark Kent kann Autos und Traktoren mühelos anheben, rennt in Lichtgeschwindigkeit durch die Gegend, er kann Feuerbälle aus den Augen verschießen, hat einen Röntgenblick, und hört selbst leiseste Geräusche meilenweit. Ja, Clark Kent ist fast sowas wie Superman. Fast. Clark ist nicht der beliebteste Schüler an der Schule, aber auch kein Außenseiter, und trotzdem wird er gleich in der ersten Folge von unangenehmen Mitschülern als Vogelscheuche an einem Kreuz auf einem Maisfeld aufgehängt.
Damit Superclark seinen Mitmenschen nicht allzu sehr überlegen ist, haben sich die Autoren etwas ganz besonderes überlegt: Überall in Smallville liegt seit dem großen Meteoritenschauer (mit dem auch Clark auf die Erde kam) Kryptonit herum, und jeder Landbewohner hat sich damit in irgendeiner Form eingedeckt. Dass das grüne, leuchtende Gestein Clark schwächt, bekommt zwar trotzdem niemand so recht mit, aber es reicht, um ihn beinahe in jeder Folge in dumme Situationen zu bringen. Und natürlich macht das Kryptonit nicht nur Clark schwächer, sondern seine Widersacher auch gleichzeitig stärker. Während der junge Clark also versucht, seinen Alltag zu meistern und seiner Angebeteten näherzukommen, muss er Episode für Episode das Dorf vom Schmutz befreien, nämlich bösartige Dorfbewohner, die durch das Kryptonit etwa zu Insektenmenschen geworden sind, feuerspeiende Sportlehrer, Formwandler, eisige Gestalten, Hypnotiseure, und Körpertausch-Episoden (jede Menge!), und vieles mehr. In Smallville gehen wirklich am laufenden Band seltsame Dinge vor.
Seine menschlichen Eltern Martha und Jonathan Kent helfen Clark dabei, sein Geheimnis zu bewahren, während der Teenager sich den Kopf darüber zerbricht, welche Rolle er unter den Menschen spielt. Ist er einer von ihnen? Ist er ihr Gott? Soll er allen Menschen helfen oder jeden einzelnen seinem Schicksal überlassen? Wird er eines Tages ein gnädiger oder ein tyrannischer Herrscher sein? Clark weiß, dass es für ihn keine Grenzen gibt, doch seine Eltern ermutigen ihn dabei, sich selbst Grenzen zu setzen, die er nie überschreiten darf. Seine anfängliche Freundschaft zu dem superreichen Lex Luthor, der noch zwischen Gut und Böse schwankt und seine Nase gerne in fremde Angelegenheiten steckt, sowie die aufflammende Romanze mit Lana Lang, die ihn auf Abstand hält, weil sie spürt, dass er etwas verheimlicht, machen Clark das Leben reichlich schwer. Seine Kräfte sind eben nicht einfach nur ein Geschenk, sondern oft eine große Bürde.
Und außerdem stehen da noch die großen Themen Selbstfindung und Identitätskrise im Raum. Dass Clark kein Mensch ist, ist ihm natürlich schon früh bewusst, aber wer ist er wirklich? Die Antwort besucht ihn in Form der Stimme seines leiblichen Vaters. Durch ihn erfährt er die Wahrheit über seine ursprüngliche Herkunft: Clark heißt eigentlich Kal-El und stammt vom Planeten Krypton. Und offenbar wurde er auserwählt, um die Menschheit zu versklaven. Oder so. Zwischendurch fängt Clark dann auch noch als Reporter beim Daily Planet in Metropolis an, und er lernt all die anderen gefühlten 100 Superhelden kennen, die ihm bald mit Rat und Tat mehr oder weniger hilfreich zur Seite stehen. Und was wäre eine Superman-Serie ohne seine markanten, übermenschlichen Gegner, allen voran General Zod, Brainiac, Doomsday, Darkseid, Silver Banshee, Winslow Schott, und der böse Clark Kent aus dem Paralleluniversum. Die Liste ist beinahe endlos. Auch wenn es schwerfällt, zu glauben, dass Clark Kent alle diese Feinde bereits vor seiner eigentlichen „Karriere“ als Superman kennengelernt und besiegt haben soll.
Der Clou an Smallville ist, dass es den Figuren in zehn Staffeln zwar gelingt, alle möglichen Umschreibungen für den Mann aus Stahl zu formulieren, aber nie wird er direkt als Superman betitelt, denn der ist er nicht. Clark Kent muss erst zu Superman werden. Bei Lana Lang dachte ich zunächst, es handle sich um eine alternative, jüngere Version von Lois Lane, schon wegen des ähnlichen, alliterativen Namens. Aber die richtige Lois tritt tatsächlich später noch in der Serie auf.
Film- und Fernsehfans wie ich finden besondere Freude daran, dass mehr oder weniger das komplette Who-is-Who der Superman-Live-Action-Auftritte vertreten ist. So haben Christopher Reeve und Margot Kidder wiederkehrende Gastauftritte, außerdem Dean Cain und Teri Hatcher. Solche kurzen Momente, die vermutlich nicht allzu viele Zuschauer verstehen werden, versüßen einem Fan nicht unerheblich das Serienvergnügen. Smallville hat mir insgesamt sehr viel Freude bereitet, wenn auch gerade am Anfang – und darunter leiden meines Erachtens nicht wenige Serien – alles noch sehr ungeschliffen und monoton ist. In jeder Folge irgendein anderer Kryptonit-Mutant (oder „Meteoriten-Freak“, wie sie in Smallville genannt werden), und Clark muss wieder einmal Smallville und vor allem Lana retten. Erst später beginnt die Serie aufzublühen mit ihren vielen etablierten Charakteren, und Clark beginnt endlich seine Rolle in der Welt zu verstehen und zu akzeptieren. Er wächst an seinen Erfolgen und an seinen Verlusten. Smallville mag nun keine grandiose Serie sein, aber meine Zeit habe ich schon schlechter investiert. Superman-Fans werden in jedem Fall auf ihre Kosten kommen.