Wer nicht gerade eine Zahlungsmoral wie die scheinheilige BILD-Feministin Alice Schwarzer oder Fußballmagnat Uli Hoeneß hat, der wird angesichts eines größeren Schuldenbergs permanent von einem unguten Gefühl, ja beinahe einem schlechten Gewissen geplagt. Der Staat (bzw. das Bundesland) hat offenbar keine Schwierigkeiten damit, unverschämt hohe Studiengebühren einzuführen und einen jungen Menschen hochverschuldet aus dem Studium zu entlassen. Nun, andererseits sorgt man bei uns gleichzeitig dafür, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, die Studienschulden nachträglich abzuarbeiten, zudem sind die Rückzahlungsmodalitäten recht großzügig. In Kombination mit der Tatsache, dass man beispielsweise BAföG nur zur Hälfte zurückzahlen muss, sind die fiesen Studiengebühren ja praktisch wieder ausgeglichen. Doch das ungute Gefühl bleibt. Tag für Tag.
Studenten-BAföG hat oftmals ein Problem: Es endet bevor das Studium endet. In meinem Fall eineinhalb Jahre zu früh. Wer beispielsweise BAföG beantragt hat, aber den Antrag rechtzeitig zurücknimmt (wegen Hochschulwechsel o.ä.) bevor Geld ausgezahlt wurde, der bekommt das nichtbezahlte Semester trotzdem voll abgezogen. Berührt – geführt, sozusagen. Dieses undurchdachte System und die Tatsache, dass ich nicht unbedingt der allerschnellste Student war, trieb mich letztlich dazu, den voll verzinsten Bildungskredit in Anspruch zu nehmen, damit ich noch meinen Abschluss machen konnte. Alternativ hätte ich mir mein Diplom natürlich auch auf dem Straßenstrich finanzieren können, aber da war mir der Kredit lieber.
An finanziellen Bezügen hatte ich in den fünf Studienjahren knapp über 20.000 Euro. Das klingt zahlenmäßig nach viel Geld, aber auf den Monat gerechnet, klingt das eher nach einer sehr sparsamen Lebensweise, wenn man damit über die Runden kommen will. Ein Auto oder eine Wohnung ist da nicht drin. Zurückzuzahlen waren davon nur etwa 14.000 Euro. Allerdings gibt es für BAföG-Sofortzahler (nach Ablauf der fünfjährigen Pflicht-Wartezeit, die ich gerne vermieden hätte) noch einen zusätzlichen Rabatt, der meine Nettoschuld auf beinahe lächerliche 12.500 Euro reduziert hat. Den Bildungskredit konnte ich von meinem Lohn des ersten halben Jahres in gigantischen Raten schnellstmöglich abzahlen, schon allein wegen der Zinsen des laufenden Kredits. Dieses Kapitel war dann bereits zum Jahreswechsel 2011/2012 erledigt. Die Wartezeit für die BAföG-Rückzahlung war letzten September beendet. Passenderweise genau zu dem Zeitpunkt als ich wegen des Umzugs äußerst knapp bei Kasse war. So musste ich unter Zeitdruck noch eine Menge Geld zusammensparen. Möbel und Haushaltsgeräte durfte ich mir nicht leisten.
Ende Januar habe ich den letzten Monsterbetrag an das Bundesverwaltungsamt überwiesen. Damit bin ich offiziell pleite, aber schuldenfrei. Nun hoffe ich, dass ich noch irgendeinen schriftlichen Beleg über den Zahlungseingang bekomme. Und vielleicht einen Blumenstrauß für das erfolgreiche Überwinden dieses finanziellen Tiefpunkts meines Lebens. Ein Studium ist sehr teuer. Aber wie teuer es wirklich ist, merkt man erst im Nachhinein, wenn man mal alles zusammengerechnet hat. Ich weiß schon, warum ich nie irgendwas auf Raten kaufen werde, und warum ich etwa keinen Dispokredit und keine Kreditkarten habe. Ich weigere mich, Geld auszugeben, das ich nicht selbst auf der Hand habe. Meine Studienschulden waren mir Lehre genug. Man lernt den Wert des Geldes relativ schnell, wenn man nie viel davon hatte.