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Seit Mitte letzten Jahres höre ich es immer öfter. Egal ob in Foren, in Blog-Kommentaren oder im Bekanntenkreis, plötzlich meint jeder Laie eine fundierte Meinung zu haben. Der Kanon der Ignoranten lautet dabei immer, dass Michael Schumacher sich sein Comeback in den Formel 1-Rennsport 2010 doch bitte hätte sparen sollen, da er es scheinbar nicht mehr kann. Sogar von Leuten, die im Leben noch kein einziges Motorsportrennen angesehen haben, muss man sich das gefallen lassen. Kurzum, ich habe es satt, dass jeder so einen Schwachsinn verzapfen darf.

Ich habe keine Schwierigkeiten damit, zuzugeben, dass ich Schumacher-Fan bin. Seit er im Benetton 1994 den auf tragische Weise verstorbenen Altmeister Senna als größten Titelfavoriten abgelöst hatte und sich gleich zwei Titel hintereinander unter den Nagel reißen konnte, hat er sich zum besten Rennfahrer seiner Zeit entwickelt. Nach dem Wechsel zu Ferrari 1996 hatte er mit technischen Mängeln am Fahrzeug zu kämpfen. Nichtsdestotrotz konnte er sofort wieder um den Titel mitfahren und war bis auf eine Ausnahme in der Weltmeisterschaft ganz vorne mit dabei. Williams hat bis einschließlich 1997 (mit den Renault-Motoren) das beste Auto gebaut und danach war die McLaren-Technik dominant. Der Ferrari war in den meisten Punkten ebenbürtig, aber die Zuverlässigkeit nicht ideal. Dadurch ist Schumacher bis zum Jahr 2000 mehrmals haarscharf am Titel vorbeigerutscht.

Anschließend folgte eine unglaubliche, fünf Jahre andauernde Triumphserie von Schumacher (und Ferrari) in der Formel 1. Im Jahr 2002 z.B. hat er die gesamte Konkurrenz alt aussehen lassen, indem er schon nach elf von 17 Rennen Weltmeister wurde. Dass es zu leicht gewesen wäre, wurde bereits ein Jahr später widerlegt, als die Entscheidung erst im letzten Rennen fiel, da Räikkönen knappe drei Punkte zu wenig holen konnte und der Titel abermals an Michael Schumacher ging. Erst 2005 bekam Ferrari Schwierigkeiten, mit einigem Abstand wurde Schumacher dennoch WM-Dritter. In seiner vorerst letzten Saison 2006 verpasste er nur knapp den WM-Titel und wurde Vizeweltmeister.

Es fällt natürlich auf, dass Schumacher im Prinzip nie in einem völlig unterlegenen Auto fahren musste, wenn man mal von seinem F1-Debüt absieht, aber es kam auch nie vor, dass er das Potenzial des Autos nicht nutzen konnte. Er hat in jedem Jahr das absolute Maximum herausgeholt und das ist eine seiner vielen Stärken. Das mit dem unterlegenen Auto hat sich letztes Jahr bei seinem Comeback leider geändert, seit er im Cockpit des MGP von Mercedes sitzt. Um die Wahrheit zu sagen, das Auto liegt deutlich unter den Erwartungen des Teams und der Fahrer, was auch öffentlich mehrmals bekräftigt wurde. Aber als Fahrer kann man niemals davor gefeit sein, mal nicht in den konkurrenzfähigeren Autos zu sitzen. Als Profi macht Schumacher genau das richtige: Er unterstützt das Team bei der Entwicklungsarbeit und fährt die bestmögliche Leistung heraus, genau wie Nico Rosberg. Dass keine besseren Rennplatzierungen und Qualifikationszeiten machbar sind, liegt eben in der Natur der Dinge. Die Herausforderung liegt bereits darin, in die vorderen Punkteränge zu kommen, solange das Fahrzeug nicht mehr hergibt.

Schumacher hat Benzin im Blut, er ist Rennfahrer durch und durch, und darin ist er gut. Vermutlich hat er in seiner dreijährigen Auszeit gemerkt, dass ihm etwas fehlt. Vielleicht hat er aber auch nie vorgehabt, dem Rennsport ewig zu entsagen, schließlich ist er noch gar nicht zu alt dafür. Warum sollte er also nicht das machen dürfen, was ihm Spaß macht? Dass er es mit seinem Vermögen allein des Geldes wegen macht, können wir ausschließen.

Ganz besonders stört es mich, wenn Leute sagen, dass Schumacher sein Denkmal demontiert, weil er zurückgekommen ist und die erwarteten Leistungen nicht bringen konnte. Am besten hätte er ihrer Meinung nach gar nicht erst wiederkommen dürfen, weil es eine blöde Idee war. Das ist so ein dämlicher Kommentar, dass mir dazu außer Entsetzen kaum etwas einfällt. Schumacher ist siebenfacher (und damit Rekord-)Weltmeister, aber er wurde es nicht in jedem Jahr, das scheinen die Leute zu vergessen. Bevor er dem F1-Zirkus den Rücken gekehrt hat, war er zweimal bereits nicht mehr Weltmeister. Jetzt hat er einmal starken Gegenwind und andere Fahrer dominieren den Sport, schon sind die Leute maßlos enttäuscht von ihm und wollen ihn nicht mehr sehen.

Meine Frage ist: Wieso sollte jemand, der nicht mehr der Champion ist, den Sport verlassen sollen? Fällt euch eigentlich auf, dass das Fahrerfeld ziemlich leer wäre, wenn wir jeden aus der Formel 1 ekeln würden, der nicht ganz vorne mitfahren kann? Von irgendwas um die 24 Fahrer würden noch gerade mal fünf oder sechs starten, weil der Rest wohl zu schlecht ist. Wäre Fußball nicht scheiße, wenn jede Mannschaft, die ihren gewonnenen Titel mal verloren hat, nicht mehr spielen dürfte?

Lasst Schumi doch mal in Ruhe mit eurem Quark. Ihr habt euch doch vorher auch nicht für die Formel 1 interessiert, also wieso meint ihr, jetzt so tun zu müssen als ob? Schumi nimmt an den Rennen teil, weil das sein Beruf ist, nicht weil er immer gewinnt. Und er hört auch nicht auf, nur weil er mal nicht gewinnt.