Irgendwann Mitte der 90er Jahre bekam ich die Gelegenheit, die idyllischen Amiga-Gefilde zu verlassen, und mich in der schnelllebigen, bluescreenverseuchten Windows-Welt des PC zu versuchen. Nur ein paar Jahre später, ungefähr 1998, startete ich den ersten Amiga-Emulator auf dem PC, da ich immer öfter sentimental wurde, wenn ich an die Zeit mit Kickstart, Workbench und AmigaDOS dachte. Als ich dann schließlich auf einer kleinen Internetseite mit dem Namen „AmigaRat’s Page“ tatsächlich die vier Disketten-Images von Superfrog – einem meiner absoluten Amiga-Lieblingsspiele – zum Downloaden vorfand, war ich überglücklich und gleichzeitig wahnsinnig gespannt. Das waren die Zeiten, als man noch mit jedem einzelnen Download mitfieberte, denn wenn die Verbindung (aus verschiedensten und relativ häufigen Gründen) abbrach, musste man die Übertragung von vorne beginnen. Mit meiner 14.400-Baud-Leitung zu CompuServe hatte ich die Dateien gefühlte 2 Stunden später auf der Festplatte. Als der kleine grüne Frosch schließlich auf dem 15″-Monitor meines PC herumhüpfte, da saß ich in Gedanken wieder mit dem knallroten klackernden Joystick vor dem Amiga.
Wir schreiben das Jahr 2013. Exakt 20 Jahre nach Veröffentlichung von Superfrog erscheint das Remake in HD. Es kam wie es kommen musste: Als großer Fan des Originals konnte ich nicht widerstehen und so habe ich kürzlich Superfrog HD durchgespielt. Insgesamt sechs Stunden Spielzeit kann man aufwenden, wenn man alles sehen möchte. Ein kurzweiliger aber auch herausfordernder Spaß für Fans klassischer 2D-Jump’n’Run-Kost. Wie ich schon im Vorfeld betonte, haben TickTock Games und Team17 in Zusammenarbeit ein derart großartiges Remake geschaffen, dass ich das in Worte kaum auszudrücken vermag. Obwohl es viele kleine Änderungen gibt, bleibt das Spiel dennoch irgendwie genau dasselbe. Keine Verschlimmbesserungen, keine Stilbrüche, und für die Fans gibt es die unberührten Original-Levels und den Original-Soundtrack. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll mit meiner Lobhudelei.
Die neue Levelkampagne behält das Thema des Originals bei. Die jeweils vierteiligen Abschnitte werden nicht mehr kontinuierlich länger, sondern haben alle dieselbe Größe. Der Schwierigkeitsgrad ist ausgesprochen leicht bis höchstens moderat. Da Superfrog schon damals ein wenig von Segas Sonic The Hedgehog inspiriert gewesen zu sein schien, hat man die Levels hier konsequenterweise etwas beschleunigt, so dass man mehr rennen kann. Es erscheint fast wie ein glücklicher Zufall, dass Team17-Komponist Allister Brimble seinen Superfrog-Soundtrack erst neulich komplett modernisiert hat, doch leider fand diese Neufassung keinen Einzug in das Remake. Die neue Hintergrundmusik ist unbeeindruckend und eher langweilig, erinnert stellenweise aber an das Vorbild. Die Levelcodes sind ja sowas von gestern und mussten einem Levelauswahl-Bildschirm weichen. Die Slotmaschine am Ende jedes Levels durfte bleiben, denn sie dient dazu, die Original-Levels freizuschalten. Grafisch ist Superfrog HD fantastisch und genau so wie ich mir das gewünscht hätte: Alles sieht aus wie man es gewohnt ist, noch dazu hochauflösend, extra flüssig, und mit sehr viel Liebe zum Detail. Alle Spielelemente und auch die Steuerung verhalten sich wie im Original.
Die neuen Levels bilden komplette Abschnitte der Original-Levels perfekt nach und erweitern diese sehr glaubhaft, so dass man immer mit einem starken Déjà-vu-Erlebnis durch die Welt rennt und springt. Man fühlt sich hier derart heimisch, dass sogar die unsichtbaren Münzspender genau dort sind, wo man sie erwarten würde, ohne die Levels vorher gekannt zu haben. Die Hexe als Endboss tritt nun nach jeder Welt kurz auf und nicht mehr allein am Ende des Spiels. Bereits das Originalspiel war, was einsammelbare Schätze anging, gerade in den Pyramidenlevels, äußerst großzügig, doch die neue Kampagne überschüttet den Spieler nur so mit Münzen, Früchten und Powerups. Bestimmt zehnmal soviel Krempel liegt in der Welt herum. Ein kleiner Schwachpunkt sind die Soundeffekte. Leider fehlen unter anderem die witzigen Geräusche die Superfrog macht, wenn er in eine Stachelfalle gehüpft ist, oder wenn er einen Geheimgang entdeckt hat. Die neuen Sounds haben diesen Charme einfach nicht mehr. Außerdem hat man aus nachvollziehbaren Gründen die witzig gemeinte Schleichwerbung für die britische Getränkemarke Lucozade leider aus dem Spiel genommen und durch unbeschriftete Flaschen ersetzt.
Wer eine Herausforderung sucht, spielt die Original-Levels, denn die sind schwerer als im Amiga-Superfrog. Das merkt man spätestens in Level 2-3 und 2-4. Hier sind die Zeitlimits derart bissig, dass ich wirklich etliche Male von vorne beginnen musste. Ein abgelaufener Timer bedeutet Gameover – egal wieviele Extraleben man noch hat. Entweder ist den Entwicklern nicht aufgefallen, dass die Lucozade-Fläschchen normalerweise auch 2 Minuten zum Timer dazuzählen, oder sie wollten die Fans ein wenig unter Spannung setzen. Interessanterweise hat man dann ab Welt 3 wieder mehr als genug Zeit um die Levels abzuschließen. Die Weltraumwelt, besonders Level 6-4 haut dem Spieler dann alles um die Ohren was das Spiel hergibt: Der Timer ist sehr knapp gehalten, man beginnt mit lächerlichen 2 Extraleben, die unverzichtbaren Münzen sind weit verstreut, von überall her ballert es. Um es kurz zu halten: In diesem Level gibt es fast keinen Spielraum für Fehler. Ungefähr nach dem hundertmilliontausendsten Mal ist es mir mit viel Glück gelungen, wahrscheinlich kurz bevor ich noch aus Wut und Anspannung das Joypad zerdrückt hätte.
Das „Project F“-Bonuslevel, in Anlehnung an den Team17-Knaller „Project X“, wurde nicht ins Remake eingebaut – eigentlich schade. Theoretisch müsste man also sagen, dass das Remake nicht vollständig ist. Spud ist natürlich wieder dabei, den Superfrog auf Gegner schleudern kann. Mit der Tastatur ist mit Spud allerdings so schlecht zu zielen, dass man es besser gleich lässt oder doch ein Joypad zur Hand nimmt. Dafür kann Spud im Gegensatz zum Original jetzt jeden Gegnertyp umhauen, was den Nutzen erhöht. Auch die Flügel sind im Remake deutlich sinnvoller. Man kann damit sehr viel präziser und vorsichtiger durch die Levels navigieren. Das ist gerade angesichts der unglaublich zahlreichen Stachelfallen wirklich nötig. Ohne Flügel ist man oft ein bisschen aufgeschmissen. Die Animationen zum Beginn und zum Abschluss jeder Welt sind 1:1 übernommen worden, was ich sehr begrüße. Die Cartoon-Einleitung des Amiga-Künstlers Eric W. Schwartz wurde graphisch etwas umgestaltet. Auch das Titelbild ist modernisiert worden.
Ich bin zwar nicht mehr neun Jahre alt, aber Superfrog HD macht trotzdem Spaß, auch wenn das Setting heute ein bisschen alberner wirkt als früher. Wieso können nicht alle Spiele-Remakes so gut sein wie dieses? Wieso muss man die Fans mit zweifelhaften Design-Entscheidungen vergrätzen, die nicht zum Original-Spielgefühl passen, statt dem Spieler mit einem Optionsmenü einfach die Wahl zu lassen? Team17 gibt den Spielern „ihr“ Superfrog wieder – und noch mehr. Danke Team17, ihr seid toll! Ihr hattet mich schon nach dem „Quak“.