SPACOLA ECLIPSE WIP 0.92

Wieder ist beinahe ein Jahr vergangen, seit ich den letzten Statusbericht zum SPACOLA-Remake abgeliefert habe, daher ist es nun ganz dringend an der Zeit, ein bisschen über die aktuellen Neuerungen seitdem zu plaudern. Bekanntlich habe ich eine ausgedehnte Winterpause eingelegt, so dass die Änderungen sich insgesamt in Grenzen halten, aber ein paar Fortschritte gab es durchaus. Die Entwicklung an dem Spiel verhält sich ein wenig wie ein Gletscher: Egal ob man sich heute, morgen, nächsten Monat oder nächstes Jahr danach erkundigt, wie weit das Spiel fortgeschritten ist, wird es immer so aussehen, als habe sich nichts bewegt – aber es bewegt sich doch! Und jede Änderung wird sogar schriftlich in meinem Devlog dokumentiert.

Smart-Aim

Die neueste Work-In-Progress-Version 0.92 bringt einige nette, aber hauptsächlich experimentelle Spielereien mit, die ich unbedingt ausprobieren wollte. Letztmalig kündigte ich die Möglichkeit eines Aimbots (Smart-Aim) für den Spieler an. Diesen habe ich nun tatsächlich eingebaut. Mit per Menü aktiviertem Smart-Aim muss der Spieler nur noch grob in die Richtung eines Gegners zielen und die automatische Zielhilfe passt den Schusswinkel bis zu einem gewissen Grad so an, dass ein Treffer garantiert ist. Wenn kein Treffer garantiert werden kann, greift die Zielhilfe dagegen nicht ein. Die Arbeit am im letzten Update-Artikel erwähnten Weapon-Interface ist vollständig abgeschlossen. Zusätzlich lassen sich nun ganz einfach per Mausrad die verschiedenen Waffen des Spielers durchschalten und im Spiel verwenden. Das muss nicht bedeuten, dass der Spieler im Endeffekt mehrere Waffen besitzt, aber er könnte theoretisch.

Eingabequellen

Nach dieser kleinen großen Baustelle eröffnete ich dann gleich die nächste, und so überarbeitete ich skrupellos die komplette Spielsteuerung. Meine Idee war die Entwicklung eines flexiblen InputReceiver-Interfaces, das es ermöglichen sollte, verschiedene Eingabequellen für Spieler-Inputs an die Spielerschiffe anzuschließen. Dies wird spätestens im Multiplayer-Modus ein sehr wichtiges Thema. Die konkreten InputReceiver-Implementierungen erzeugen getaktet (pro Update) einzelne „ControlActions“, also gekapselte Eingabedaten, die auf eine abstrahierte Maus und Tastatur anwendbar sind, um ein Spielerschiff und somit die Spielwelt zu beeinflussen. Genauer gesagt habe ich nun einen MouseInputReceiver, der (wie der Name schon sagt) direkt die Maus (und Tastatur) anzapft. Aber zusätzlich habe ich auch einen RemoteInputReceiver, der Benutzereingaben von anderen Mitspielern aus dem Netzwerk empfängt, einen ReplayInputReceiver, der Benutzereingaben aus einer persistierten Datenquelle einlesen und ausführen kann, und zuletzt einen BotInputReceiver, der in Echtzeit künstliche Benutzereingaben anhand eines vorgegebenen Regelwerks erzeugen kann. Moment … Replays? Bots?

Bots

Als ich über die technischen Möglichkeiten meiner dynamischen Gegner-KI, des fertigen Aimbots und der InputReceiver-Logik sinnierte, ist mir plötzlich aufgefallen, dass ich im Grunde schon die halbe Arbeit erledigt hatte, die nötig wäre, um einen kompletten Spieler-Bot zu entwickeln. Diese Idee hatte ich eigentlich schon zu Beginn des Projektes für Skirmish-Multiplayer-Spiele, wenn mal nicht genügend menschliche Mitspieler zur Verfügung stünden. Außerdem würde ein funktionaler Spieler-Bot mir die Arbeit beim Testen erleichtern, da ich nicht mehr gleichzeitig spielen und debuggen müsste, sondern mich auf das Wesentliche konzentrieren könnte. Allerdings fiel mir beim Implementieren auf, dass es wohl doch nicht so ein Spaziergang werden würde, wie ich zunächst dachte. Im Gegensatz zur Gegner-KI, die die Raumschiffe immer direkt steuern kann (drehen, beschleunigen, bremsen, schießen…), darf ein Spieler-Bot im Grunde nur Maus und Tastatur übernehmen, das Spieler-Raumschiff also indirekt mit simulierten Mausbewegungen und Mausklicks steuern. Mit Hilfe der InputReceiver war dies nun zumindest technisch kein Problem mehr. Aber natürlich musste die Logik dafür trotzdem erstmal geschrieben werden.

Nach einigen Tagen des Grübelns, Ausprobierens und auch Scheiterns hatte ich einen halbwegs glaubhaften Bot entwickelt, der in jedem Level losfliegen, bei Bedarf nützliche Powerups einsammeln, Gegner und Asteroiden beschießen und auch ins Ziel fliegen kann. Um das zu bewerkstelligen darf er im Grunde nur die Maus im Kreis bewegen, sowie die linke und die rechte Maustaste drücken. Er kann leider noch nicht ausweichen und ist auch sonst relativ blind und stur, aber er zielt immerhin ganz gut und gewinnt daher auch fast immer. Das Potenzial für Verbesserungen ist dafür enorm, z.B. müsste er verlorene Waren wieder einsammeln. Meine finalen Bemühungen, die Bewegungen des Bots realistischer zu machen, waren begrenzt erfolgreich. Dennoch ist das Ergebnis aus meiner Sicht schon beachtlich. Nebenbei fand ich eine deutlich bessere Methode, einen Abfangvektor zu einem beweglichen Zielobjekt im Level zu berechnen. Diese Methode habe ich mir sogar vorgemerkt, um sie bei der Gegner-KI einzubauen, als ich feststellte, dass das Ergebnis exakt genauso aussieht wie bei etlichen Gegnern im Originalspiel. Endlich war ich auf der richtigen Fährte, nachdem ich jahrelang keine Ahnung hatte, wieso meine KI sich immer irgendwie anders bewegt als im Original.

Replays

Gleich der nächste Knüller: Mit der Idee der InputReceiver konnte ich endlich Benutzereingaben im Spiel aufzeichnen und theoretisch jederzeit erneut ausführen. Fürs Aufzeichnen gibt es im Spiel nun einen ReplayRecorder, der die ControlActions pro Update ableitet und in einem Replay-Objekt speichert. Am Ende wird das Replay-„Tape“ finalisiert und kann im Speicher gehalten oder komprimiert in eine Datei gespeichert werden. Ein ReplayInputReceiver kann dieses Objekt wieder als Eingabequelle für den Spieler wählen. Vereinfacht gesagt, das komplette Gameplay eines Levels lässt sich aufnehmen und anschließend nochmal exakt identisch als Replay abspielen. Da die Aufzeichnung natürlich kein Film ist, sondern nur ein Protokoll aller Benutzereingaben auf einer Zeitachse, ist der Speicherbedarf geringer, aber das Replay anfällig für Veränderungen. Was ich damit meine, wird jetzt deutlich, wenn ich die nächste kleine große Baustelle erwähne, an der ich seit einigen Tagen arbeite.

Die Replays lassen sich zwar endlich perfekt aufnehmen und auch wieder abspielen, aber sie ergeben danach keinen Sinn mehr: Der Replay-Spieler macht zwar alles exakt so, wie das Tape es vorgibt, aber die Spielwelt eben nicht. Das Level sieht anders aus, die Gegner verhalten sich anders, nichts ist da wo es sein sollte. Folglich kracht der Spieler plötzlich wie ein Betrunkener überall dagegen, schießt meilenweit an den Gegnern vorbei, fliegt in die völlig falsche Richtung, und ist quasi nach wenigen Sekunden Gameover. Das Gameplay verlässt sich an sehr vielen Stellen auf Zufallszahlen, und auch die Levelgenerierung ist zufällig. Daran ist im Grunde gar nichts auszusetzen, da Spielentwicklung ganz ohne Zufallsgeneratoren kaum möglich wäre. Was mir nur noch fehlte, war der programmweite Einsatz von reproduzierbaren Zufallszahlen, die auf Basis eines gespeicherten Seeds funktionierten. Gleicher Seed bedeutete dann: Gleiches Level, gleiche Gegner, gleiches Verhalten, alles exakt gleich. Die Spielwelt musste vollständig deterministisch zufällig werden, und die Replays müssten den Seed speichern, der dann die Grundlage für das Replay bildet. Diese Umstellung ist leider sehr aufwändig und umfasst das Umschreiben vieler Bausteine der Levelgenerierung.

Spielereien

Nach diesem schwergewichtigen Problem möchte ich zum Schluss noch kleinere Physikspielereien erwähnen, die ich ins Remake eingebaut habe. Als kleine Option im Enhanced-Modus lassen sich die Stationen der Piraten quasi kugelsicher schalten, so dass die Geschosse des Spielers daran mit passendem Soundeffekt abprallen. Hierzu musste ich meinen Bounce-Code umschreiben, denn der sah bisher nur Kollisionen zwischen zwei beweglichen Objekten vor. Im Spezialfall einer Kollision zwischen einem unbeweglichen und einem beweglichen Objekt durfte eine Reaktion logischerweise nur auf das bewegliche Objekt erfolgen. Das Feuern auf die kugelsichere Station sieht schon recht witzig aus und die abgelenkten Kugeln fliegen einem um die Ohren. Ob das im fertigen Spiel Verwendung findet, steht natürlich auf einem anderen Blatt, aber es schadet nicht, wenn die Funktion schonmal eingebaut ist. Achja, eine weitere Option erlaubt jetzt das Zerstören der Stationen. Ich wollte einmal testen wie es aussehen könnte, wenn im Spiel ein großes Objekt gesprengt wird, und dabei kam diese kleine Funktion heraus. Es werden Unmengen an Explosionspartikeln erzeugt und die Station verabschiedet sich mit einem lauten Knall. Wie gesagt, natürlich nur eine Spielerei. Ergibt auch keinen Sinn, besonders dann nicht, wenn es die Zielstation war.

Eine letzte neue Option im Optionsmenü ist die Wahl der Spielgeschwindigkeit. Hierdurch lässt sich das Spiel mittlerweile erheblich verlangsamen. Für den Anfang kann man die Updaterate daher auf 1/2, 1/4, 1/8 oder 1/24 stellen. Dies ist allerdings nicht nur sinnlose Spielerei, sondern die erste Vorbereitung auf einen Rewrite der Spielengine, der früher oder später dringend nötig sein wird: Das völlige Entkoppeln von Update- und Drawrates, und die stufenlose Wahl der Spielgeschwindigkeit. Es muss also möglich sein, die Spielgeschwindigkeit z.B. drastisch zu reduzieren, aber trotzdem alle Spielobjekte weiter mit bis zu 72 fps flüssig zu bewegen. Denn aktuell bedeutet eine reduzierte Geschwindigkeit nur, dass die Spielwelt weniger oft aktualisiert wird, und dann spielt die Framerate eben keine Rolle. Das Spiel sieht dann leider nicht nach Zeitlupe aus, sondern nach Diashow.

Meilenstein

Es gibt da zwar noch so ein Thema, einen wichtigen Meilenstein, den ich unbedingt erläutern möchte, aber das werde ich demnächst in einem separaten Artikel abhandeln, da es sehr umfangreich wird.

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