Endlich kann ich ein weiteres stressiges Kapitel meines Lebens beruhigt abschließen. Ich habe die Prüfungen bestanden. Von September bis Oktober habe ich die sogenannte „Ausbildung der Ausbilder“ durchlaufen, also die Schulung der Berufs- und Arbeitspädagogik und die anschließende Prüfung der Ausbildereignung durch die Industrie- und Handelskammer abgelegt. Die Schulung ist offenbar auf zwei Wochen ausgelegt, wurde in meinem Fall auf eine einzelne Woche zusammengestaucht. Die Eignung ist Voraussetzung um Verantwortung für Auszubildende während ihrer Ausbildung übernehmen zu können. So dürfte ich nun praktisch Auszubildende im Ausbildungsberuf Fachinformatik ausbilden, und man weiß ja nie wann man es mal brauchen könnte.
Die Ausbildereignung wird gemeinhin auch als „AdA-Schein“ oder als AEVO-Eignungsprüfung bezeichnet. Im Vorfeld durfte ich erfahren, dass dieser AdA-Schein den Bachelor-Informatikstudenten heutzutage im Rahmen ihres Studiums scheinbar überall für lau hinterhergeworfen wird, denn diese müssen dafür kaum einen Finger krumm machen. Die „Prüfung“ findet dort in einem deutlich weniger aufwändigen Rahmen statt, teilweise wird die Prüfung auch komplett weggelassen. Ernsthaft fragte ich mich außerdem, wie sinnvoll es denn sein kann, jemandem eine Eignung über Ausbildungsfähigkeiten zu bescheinigen, der noch nicht einmal seine eigene Ausbildung abgeschlossen hat. Der Lehrgang musste mir daher zwangsläufig als eine ziemliche Larifari-Veranstaltung erscheinen. Umso mehr ärgerte ich mich darüber, wie ernst man das Thema in meinem Fall dann tatsächlich nehmen musste.
Auf die einwöchige Prüfungsvorbereitung folgte in meinem Fall zwei Wochen später die dreistündige(!) schriftliche Prüfung. Weitere drei Wochen später musste man sich dann mit einem aufwändig vorbereiteten Konzept in die halbstündige mündliche Prüfung begeben. Mich drei Stunden lang unter Prüfungsdruck ohne Pause auf ein Blatt Papier zu konzentrieren und dabei noch sinnvolle Antworten zu geben, das bin ich schon seit Jahren nicht mehr gewohnt. Auch die mündliche Prüfung war eine große Belastung für mich. Äußerst selten in meinem Leben fand ich mich in einer derart sterilen, distanzierten und so gruselig-förmlichen Prüfungssituation vor drei nahezu emotionslosen Prüfern wieder. Der Fluchtreflex hätte kaum stärker sein können.
Erschwerend kommt hinzu, dass die IHK uns derart mit schwafeligem Lehrmaterial zugeschissen hat, dass ich große Schwierigkeiten hatte, die relevanten Informationen daraus zu extrahieren: Einen dicken Leitz-Ordner mit Papier, dazu ein daumendickes Übungsbuch und eine vielleicht 900 Seiten starke Gesetzessammlung. Die bloße Menge des Lehrmaterials erschlägt einen so sehr, dass man sich schon rein mental kaum noch in der Lage sieht, den Wälzer aufzuschlagen und „einfach mal anzufangen“. Ich hätte mir wirklich sehr gewünscht, dass man den Stoff kompakter verpacken und mehr auf den Punkt bringen, um ihn auch konzentrierter lernen zu können. Wer keine Lust hat, täglich nach Feierabend 40+ Seiten zu lesen, um sich guten Gewissens in die Prüfung zu setzen, der wird wohl doch wieder Mut zur Lücke aufbringen müssen.
Trotz meiner Klagen konnte ich das für mich beste Ergebnis aus der Situation herausholen: 84 Punkte (von 100) im schriftlichen, sowie 88 Punkte im praktischen Prüfungsteil, also jeweils die Schulnote „gut“. Jetzt kann ich offiziell die Jugend mit meinem verqueren Gedankengut verderben. Zur Belohnung gibts ein schickes Zeugnis und eine Urkunde per Post. Zum Glück dachte man bei der IHK daran, dem Briefumschlag (wie bei Zeugnissen üblich) ein dickes Stück Pappe beizulegen, damit die Unterlagen nicht zerknittert oder geknickt werden. Dumm nur, wenn das dem Briefträger scheißegal ist, und er den Briefumschlag mitsamt Pappe gnadenlos zusammenknautscht und zusammengefaltet in den Briefkasten stopft. Manche Menschen haben echt einen tollen Humor und Spaß an ihrem Beruf.
Herzlichen Glückwunsch!
Wie einige meiner Mitstudierenden hatte ich damals während meines Studiums ebenfalls darüber nachgedacht, hinterher noch den AdA-Schein zu machen. Der Umstand, dass unsere Auszubildenden/ Studierenden ihren Stammsitz und damit auch Ausbilder in einer ganz anderen Abteilung haben würden und ich nach dem Studium erstmal genug hatte vom Lernen und den ganzen Prüfungen, haben mich von meinem Vorhaben Abstand nehmen lassen.
Nichtsdestotrotz habe ich mir mal von einer Kollegin die wichtigsten Unterlagen zur Unterrichtsdidaktik besorgt – wenn auch nur für ein paar Stunden oder Tage kommt ab und zu ja doch schonmal ein Auszubildender/ Studierender bei mir vorbei.
Vielen Dank. Ich rechne eigentlich auch nicht damit, dass ich in den nächsten Jahren in die Situation kommen werde, der Ausbildungsverantwortliche für jemanden zu sein, schon deshalb da wir bei uns gar keine Anwendungsentwickler ausbilden. Aber wer weiß schon was die Zukunft bringt, und die pädagogischen Grundlagen sind schon recht interessant, wenn auch ziemlich umfangreich.