Linux und ich, wir beide haben eine schwierige Beziehung. Wir verstehen uns nicht besonders gut, aber wir kommen zur Not miteinander aus, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Ich kann den Linux-Desktop bedienen, wenn ich muss, und ich bin auch in der Unix-Shell nicht völlig hilflos, auch wenn ich die Konsolenbefehle meistens trotzdem immer wieder nachlesen muss. Ich empfinde oft eine gewisse prinzipielle Sympathie für Linux, aber ich habe auch Vorbehalte und in mancher Hinsicht wiederum sogar eine Abneigung. Schon im Jahr 2000 begann ich mich grundsätzlich für Linux zu interessieren. Im Juli 2003 besuchte ich sogar den LinuxTag in Karlsruhe und hörte mir einige Vorträge an. Ich wollte mich informieren. Meine ersten eigenen Gehversuche in der Linux-Welt machte ich dann tatsächlich erst im Jahr 2005 mit SUSE Linux in einer virtuellen Maschine.
Ich wollte eigentlich gar nicht viel machen, nur einen Apache Webserver installieren, dann darin eine OTRS-Installation laufen lassen. Nur so zum Spaß und zum Testen. Ich rechnete bereits fest damit, dass nichts funktionieren würde, und so ging die Installation von Apache wie erwartet total in die Hose. Jeder Fliegenschiss unter Linux musste umständlich über die Konsole gemacht werden, der Linux-Desktop war vermutlich nur als Gag dabei, um Windows-Nutzer zu trollen. Meine Arbeit bestand hauptsächlich darin, kryptische Fehlermeldungen aus der Shell bei Google einzutippen, im Internet nach einer Lösung zu suchen, daraus wiederum kryptische Befehle in die Shell einzutippen, und das dann jeweils für die nächsten 200 Fehlermeldungen. Da werden reihenweise Pfade nicht gefunden, irgendwelche Pakete fehlen, die Zeichenkodierung ist falsch, Dateien können nicht gelesen werden, Berechtigungen sind falsch gesetzt, der Mond steht nicht im richtigen Verhältnis zur Sonne, man kennt das ja. Schöne, gemütliche Linux-Welt.
Schon im Jahr 2008 startete ich einen erneuten Versuch, mich endlich so richtig mit Linux anzufreunden, die Chancen standen besser denn je: Linux war offenbar so richtig ausgereift und benutzerfreundlich geworden. Linux ist die Zukunft, wie könnte ich dem Betriebssystem da eine zweite Chance verweigern? Ich glaube ich installierte Fedora oder Debian oder sowas. Ich konnte tatsächlich schon recht viel mit dem Desktop arbeiten, da störte es mich auch nicht, dass die Soundtreiber für das Notebook unter Linux nicht funktionierten. Es sah schließlich alles so schön aus. Ich wollte einen Compiler für C++ ausprobieren und versuchte nach einer Internet-Anleitung über die Konsole (wie denn auch sonst?) den GCC zu installieren. Die Installation war mir nach anfänglichen Problemen irgendwann geglückt. Dummerweise wusste ich leider nicht, wohin der Compiler eigentlich installiert worden war oder auf welchen Namen er hörte. Die Installation über die Konsole kommt einem doch sehr spartanisch vor, wenn man die bunten Windows-Installer gewohnt ist, die brav nach dem Pfad fragen. Ich kratzte mich hilflos am Kopf während ich versuchte, aus dem Linux-Dateisystem schlau zu werden. Wo ist Laufwerk C? „etc“? „opt“? „var“? Hilfe, wie kann ich Dateien suchen?
Okay, ich hätte mich schlauer anstellen können, aber es macht einfach keinen Spaß, sich wie der größte Anfänger zu fühlen, und Linux gab mir genau dieses unangenehme Gefühl. Und so verschwand Linux wieder von meinem Notebook. Dennoch verwarf ich meinen ursprünglichen Plan nie, es irgendwann doch einmal ganz ernsthaft zu versuchen, wenn die Zeit reif ist. Aber dazu müsste Linux mir schon noch ein ganzes Stück entgegenkommen.
Januar 2016: Microsoft gibt sich seit Monaten mit der aktuell noch kostenfreien Spyware Windows 10 alle Mühe, mir den Spaß an Windows endgültig zu verderben. Ein Wechsel zu Windows 10 kommt für mich derzeit aus mehreren Gründen überhaupt nicht in Frage. Es ist also der perfekte Zeitpunkt, einen Blick auf eine aktuelle Linux-Distribution zu werfen, die zudem besonders anfänger- und umsteigerfreundlich zu sein scheint: Ubuntu. Schon vor Monaten habe ich mich bei echten Linux-Fans unter meinen Arbeitskollegen informiert und mich beraten lassen. Ubuntu sei so wundervoll, sehr benutzerfreundlich und wirklich extrem leicht zu bedienen. Die Probleme der Vergangenheit sind alle längst behoben, sogar die Treiberunterstützung wurde deutlich verbessert. Prima, dann ist ja alles klar.
Ich installierte mir also Ubuntu 15.10 in Virtualbox:
Oh, ja, in der Tat sehr wundervoll. Ubuntu lässt sich nicht starten. Schon kurz nach der Installation ist meine Abenteuerreise beendet, der Zeichensalat auf dem Bildschirm sah jedenfalls nicht nach dem Betriebssystem aus, das ich haben wollte. Ich musste wohl irgendetwas falsch gemacht haben. Sogleich wurde die VM gelöscht, neu angelegt und Ubuntu nochmals installiert. Diesmal aber richtig und mit doppelt soviel Konzentration bei den Details.
Nachdem auch die zweite Installation zu meinem Entsetzen scheinbar missglückt war und Ubuntu sich partout nicht starten ließ, beschloss ich entgegen meiner eigentlichen Vorsätze die Fehlermeldung wie gewohnt bei Google einzutippen. Dadurch fand ich tatsächlich heraus, dass ich die Bootreihenfolge der Laufwerke ändern musste, so dass die VM zuerst von der Festplatte startet (obwohl keine DVD im Laufwerk ist). Für aussagekräftigere Fehlermeldungen ist in der Linux-Community offenbar auch kein Geld da. Es ist mir schleierhaft, wie ich aus dem hingerotzten Output erkennen soll, dass die Bootreihenfolge falsch ist oder warum sie falsch ist. „I/O Error“, „Unable to read page“, „squashfs_read_data failed to read block“, „SQUASHFS error“, alles klar, das hilft mir natürlich weiter. Auch hätte ich doch von Geburt an wissen müssen, dass „dev sr0“ das DVD-Laufwerk ist. Aha.
Ubuntu fängt also wieder GENAU so an, wie ich Linux seit vielen Jahren kenne und hasse: Ich muss jedes Mal nach Fehlermeldungen googlen, um das Betriebssystem halbwegs nutzen zu können. Egal wie ich es anfange, endet es irgendwie immer damit, dass ich Fehlermeldungen in eine Suchmaschine eintippe um jemanden zu finden, der irgendwo die Lösung gepostet hat. Wieso geht das bei Linux nicht anders? Ich kann es mir absolut nicht erklären. Ich will das nicht, ich habe darauf keine Lust. Ich versuche es vielleicht in 4 Jahren nochmal. Merci, dass es dich gibt, Windows 7.
Schade das Dein letzter Versuch auch nicht so von Erfolg gekrönt war.
Ich habe den kompletten Umstieg von Windows hin zu Linux vor ein paar Jahren gewagt. Genauer gesagt haben mich die damals ersten Aussichten auf Windows 8 dazu getrieben.
Ich habe Nägel mit Köpfen gemacht, und Windows gleich von der Festplatte geschmissen, so das ich nicht aus Gründen der Bequemlichkeit doch wieder das Windows boote. So musste ich mich mit Linux, in meinem Fall Ubuntu, beschäftigen.
Aber wider Erwarten lief alles gut, ohne größere Probleme. An die Konsole musste ich bis jetzt sehr selten ran. Ich muss gestehen, ich stehe mit der Konsole auf Kriegsfuß. Aber wenn mal was war, wurde ich im Web schnell fündig.
Den Schritt komplett weg zu Windows, hin zur Alternative habe ich bis jetzt kein einziges mal bereut.
Hallo Andi, an deine eigene Geschichte mit dem Umstieg auf Linux vor einigen Jahren musste ich bei meinem Versuch auch denken. Es freut mich, dass du es gewagt hast und dafür belohnt wurdest. Wenn es dir so einfach gelingt, warum sollte da bei mir etwas schiefgehen, dachte ich.
Tatsächlich scheitert es für mich schon an den Kleinigkeiten. Ich habe gar nicht viel verlangt, aber ich wollte definitiv nicht gleich von Beginn an mit Fehlern kämpfen müssen, und das musste ich leider. Ubuntu läuft inzwischen bei mir, aber der erste Eindruck war schon extrem schlecht und die Chance ist vertan.
Ich bin Softwareentwickler und bin es gewohnt, Probleme zu lösen. Ich bin es gewohnt, nach Fehlermeldungen im Internet zu suchen, wenn ich nicht weiterkomme. Und vor allem bin ich viele kryptische Fehlermeldungen gewohnt – ich definiere in meiner Software ja oft selbst welche. Aber das Betriebssystem soll für mich KEIN Problem sein. Es soll für mich Probleme lösen. Es soll mir bei meiner Arbeit helfen und mich nicht behindern. Ubuntu kann für mich diese Anforderung aktuell leider nicht erfüllen. Ich würde mich permanent über die vielen Kleinigkeiten ärgern, die meiner Aufmerksamkeit bedürfen und die ich am Ende nur mit Hängen und Würgen hinbekäme, wenn überhaupt.
Ich hätte sehr gerne einen ähnlichen Beitrag geschrieben wie du damals. Ich hätte zu gerne darüber berichtet, wie toll Linux bei mir funktioniert und dass der erste Schritt für einen endgültigen Wechsel getan ist. Ich fürchte, der Beitrag wird noch mindestens bis 2020 warten müssen.
Ich weiß dass Du das wahrscheinlich nicht hören magst, aber das ist meines Erachtens nach eigentlich der große Vorteil von OS X: Man hat mit Darwin einen Unix-Unterbau, dennoch aber eine anständige GUI und meistens auch das typische „it just works“ von Apple (Probleme gibt es natürlich auch da immer mal wieder). Als Entwickler finde ich das echt super angenehm. Die meisten Tools aus der Linux- und Unix-Welt lassen sich nutzen und die Shell ist immer nur einen Mausklick entfernt.
Hey Oli, danke für deinen Kommentar!
Keine Sorge, ich kann gut damit umgehen, dass Apple ein Betriebssystem entwickelt hat, dass einfach sehr gut funktioniert. Das liegt aber wohl größtenteils daran, dass Apples Betriebssystem auch nur auf Apples Hardware läuft. Entsprechend einfacher ist es, die Kompatibilität zu garantieren. Würde man entgegen der geltenden Lizenzbestimmungen OS X auf Fremdhardware installieren, dürfte man mit wesentlich mehr Problemen und Fehlern rechnen. Das ist natürlich nur eine Vermutung, aber keine ganz abwegige. Mit OS X bin ich an die überteuerte Hardware von Apple gebunden und das kommt für mich genausowenig in Frage wie Windows 10.
Windows ist da – trotz aller Vorbehalte gegenüber Microsoft – meiner Ansicht nach ein besserer Vergleich: Windows muss mit allen nur erdenklichen Hardwarekonfigurationen umgehen können, gewöhnliche wie auch exotische, und trotzdem stabil laufen. Und das tut es. Ubuntu dagegen fällt bei mir schon beim ersten Start auf die Nase, und das hat mich doch sehr enttäuscht.
Haha, ich musste lachen. Mir geht’s mit Linux ähnlich. Viele Cracks behaupten Linux sei so toll und ich versuche echt immer wieder zu verstehen, warum wieso weshalb. Ich möchte auch behaupten können, ich liebe es, aber entweder bin ich zu doof für Linux oder Bill Gates hat mich nach 20 Jahren Windows schon so indoktriniert, dass meine Denkmuster Linux-inkompatibel sind. Schön zu wissen, dass man nicht allein ist :) Ich hab Ubuntu auf nem alten Notebook laufen, zum surfen ideal. Für die Bereitstellung von Diensten (Home-Server) ist Linux auch gut geeignet, aber als Consumer-PC mit Office Hintergrund etc. find ich es nach wie vor nicht so toll.
Hi Frank,
ich versuche mir einzureden, dass es gar nicht daran liegen kann, dass Windows mich (in welcher Weise auch immer) verdorben hat. Windows war nämlich nicht mein erstes Betriebssystem mit grafischer Benutzeroberfläche. Ich bin als Kind wunderbar mit dem TOS des Atari ST ausgekommen, habe sogar die Workbench des Amiga überlebt, und erst wesentlich später den Schritt in die Welt von Windows 95 (und darauf folgende Iterationen) gemacht.
Nichts davon hat mir irgendwelche Probleme bereitet. Eingewöhnt hatte man sich immer schnell, alles funktioniert intuitiv, entweder weil es logisch erscheint, oder weil man es vorher schonmal woanders gesehen hat. Doch Linux verdirbt mir jedes Mal den Tag, wenn ich mich daran versuche. Linux will alles irgendwie besser machen, scheitert aber oft schon an Kleinigkeiten. Ich kann mich auf den Kopf stellen und verstehe Linux trotzdem nicht. Wahrscheinlich ist Linux einfach nichts für mich.
Man kann Windows wirklich vieles vorwerfen, aber nicht, dass es nicht funktionieren würde.